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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Reisetagebuch Provence

Prolog
Der bislang übliche Prolog im Nachtzug entfällt leider. Wegen Reservierungsproblemen bei der SNCF entschieden wir uns für den Tageszug. Wenn hier nur selten vom Wetter die Rede ist, liegt das daran, dass bis auf die ersten Tage stets die Sonne schien, bei Temperaturen von 25 bis 30 Grad. Abends wurde es oft recht kühl, auch in der Provence ist der Sommer vorbei. Teilweise hatten wir heftigen Wind, der aber oft in einer günstigen Richtung blies und das Vorwärtskommen unterstützte.

Mi, 29.8.2007: Frankfurt – Bourgoin-Jallieu (33 km)
Warum so wenige Kilometer? Nun, den größten Teil der Strecke legen wir per Bahn zurück. Mit dem IC erreichen wir relativ schnell Karlsruhe. Dort heißt es umsteigen in einen Interregio Express. In Offenburg wartet bereits ein französischer Triebwagen, der uns nach Strasbourg bringt. Wir haben dort noch Zeit, Proviant für die längere Fahrt aufzunehmen. Unser Zug nach Lyon steht aber schon bereit.

Unsere Räder finden Platz im dafür vorgesehenen Abteil. Einige Dienstgüter werden auch noch befördert, später kommen noch Reiseradler hinzu, es wird eng, aber da wir bis zum Terminus durchfahren, betrifft uns das wenig.

Der Zug erreicht bald Lyon Part Dieu. Hier ist es schon wärmer. Es ist die Zeit des Hauptberufsverkehrs, die Bahnsteige und Züge sind gut gefüllt. Ohne Probleme erreichen wir unseren Anschlusszug, aber wo ist das Fahrradabteil? Das gibt es nicht, wir steigen ganz am Schluss ein, dort gibt es zwar kein Radabteil, dafür stören wir aber auch niemanden.

In Bourgoin-Jallieu beginnen wir unsere Tour. Unser Quartier liegt auf einem Hügel in Les Charbonnières außerhalb der Stadt. Über kleine Landstraßen geht es immer tiefer in den Wald hinein. Wir müssen ein wenig suchen, aber bald werden wir dann doch fündig: Das Quartier ist ein Chambre d'hôte in einem Bauernhaus und nett eingerichtet. Zum Futtern fahren wir in die Stadt zurück. Wir essen im Nichtraucherbereich eines italienischen Restaurants.

Plötzlich beginnt draußen ein kräftiges Gewitter. Es hält sich länger als gedacht, verbunden mit kräftigem Regen. Nach dem Essen wettern wir noch etwas ab bei einer weiteren Karaffe Wein. Irgendwann brechen wir dann doch auf. Mit Regenjacke „an“ und Ausgehhose „aus“ – zum Glück ist es nicht kalt. Unter den erheiterten Blicken einiger Passanten geht es so (in Unterhosen) zum Quartier zurück. Ein Seitenläuferdynamo taugt bei derartigem Regen wenig, er jault nur noch, bringt aber wenig Licht. So verpassen wir den richtigen Abzweig und fahren ein Stück in die falsche Richtung, bis wir das im Dunkeln merken. Wir drehen. Zum Glück hat es aufgehört zu regnen. Schließlich stehen wir dann doch vor der richtigen Tür.

Do, 30.8.: Bourgoin-Jallieu – Les Boudillons (81 km)
Von Bourgoin-Jallieu führt uns der Weg zunächst nach St. Asguin, und dann weiter über Culin-Châtonnay, Marcilloles und Viriville nach Roybon. Am Anfang ist es feucht und diesig, die Temperaturen bewegen sich zwischen 10 und 15 Grad. Leider lässt sich der sicher hervorragende Ausblick bei der Fahrt über das Plateau wegen des nebeligen Wetters nur erahnen. Schließlich erreichen wir den Col de la Madeleine (nein, nicht den berühmten Alpenpass in Savoyen). Dieser hier ist eher bescheiden, aber dennoch kann man ein Passbild machen. Von dort ist es nicht mehr weit zu unserem Ziel in Les Boudillons. Dort erwarten uns ein sehr herzlicher Empfang und tolle Zimmer. Es gibt ein hervorragendes Essen und mit unseren Gastgebern sitzen wir bis in die Nacht am Tisch.

Um den Gesprächen in französischer Sprache folgen zu können, sind recht gute Sprachkenntnisse erforderlich, ohne solche rate ich von einem Frankreichurlaub dieser Art eher ab.

Fr, 31. 8.: Les Boudillons – Divajeu (83 km)
Nach gutem Frühstück starten wir in Richtung Chatte - La Sône. Die Brücke über den Fluss Manne ist gesperrt, aber wir dürfen uns durchmogeln. Uns erwartet eine tolle Passfahrt mit schönen Ausblicken. Über St. Jean en Royans geht es aufwärts nach Leoncel (913 m), hier machen wir Pause. Es ist zwar 15 Grad warm, aber der Wind lässt uns frösteln. Daher pausieren wir nicht allzu lange.

Rückenwind schiebt uns anschließend über das Plateau, wir erreichen den Col de Bacchus (980 m). Ab hier wird es deutlich wärmer, die Sonne kommt durch und die Temperatur steigt auf 22 Grad. Schließlich erreichen wir über Mirabel et Blacons die Stadt Crest, wo wir uns zur Pause einen Pastis unter Platanen gönnen. Von hier ist es nicht mehr weit zu unserem Tagesziel.

Sa, 1.9.: Divajeu – Nyons (65 km)
Von Divajeu folgen wir der D 538 nach Saou. Dort verweilen wir ein wenig auf dem Markt und kaufen fürs Mittagspicknick ein. Weiter geht es nach Bourdeaux, ab dort folgen wir einer grandiosen Strecke entlang des Roubion nach Crupies. Weiter führt uns der Weg über Vesc und La Pailette zum Col de Valouse (735 m). Von dort geht es über St. Férréol Trente Pas und Condorcet nach Aubres. Schließlich erreichen wir unser Etappenziel Nyons. Wir haben kein Quartier gebucht und peilen zunächst das Hotel Nice an, dort ist aber erst ab 18 Uhr jemand da. Wir überprüfen einen in Frage kommenden Chambre d'hôte ab, der ist leider belegt. Aber ein befreundeter Chambre d'hôte („La petite Provence“) ist nicht weit weg, dieser wird unser Übernachtungsquartier sein. Das Abendessen gönnen wir uns in einem netten Restaurant unmittelbar an der Pont Romain.

So, 2.9.: Nyons – Savoillon (46 km)
Von Nyons folgen wir der D 538 über Mirabel aux Baronnies nach Puymeras. Weiter geht es auf der D46 (Route Touristique des Cotes du Rhone), Oliven und Weinreben begleiten den Weg. Ab Mollans s/ Ouvèze beginnt eine Bergstrecke über 5 km in der Sonne bei 33 Grad, der Mt. Ventoux ist immer in Sichtweite. Schließlich erreichen wir Savoillan. Dort gibt es eine Fête votive (Dorfwahlfest mit Boulemeisterschaft), es ist viel los. Unser Chambre d'hôte ist ein abgelegener alter Mas: herzlicher Empfang und tolles Essen in familiärer Atmosphäre. Die Gastgeber erzählen uns, dass es in der Gegend zwischen Nyons und Sisteron 300 Sonnentage im Jahr hat und selbst an Weihnachten mittags auf der Terrasse gegessen werden kann, ohne zu frieren.

Demnach ist diese Gegend ideal zum Radeln und um den Sommer zu verlängern.

Mo, 3.9.: Savoillan – Sisteron
Von Savoillan aus geht es über Montbrun lès Bains und Barret de Lioure auf den 1.068 m hoch gelegenen Col de Macuègne, wo wir die Aussicht genießen. Abwärts erreichen wir Sédéron. Weiter geht es über Barret le Bas und Ribiers die wunderschöne Straße entlang der Gorges de la Méouge. Schließlich erreichen wir das Tal des Buech mit seinen Apfelplantagen. In Sisteron schlafen wir im „Le Tivoli“ in der Altstadt. Nach dem Essen köpfen wir unter Platanen am Brunnen noch eine Flasche Rotwein.

Di, 4.9.: Sisteron – Le Thoard (47 km)
Von Sisteron aus geht es auf eine Straße mit dem seltenen Schild (Virages sur 20 km). Die Straße hat den Namen Route du Temps, und es braucht auch etwas Zeit bis wir über St. Geniez den Col de Forbelle (1.304 m) erreichen. Es ist eine wundervolle Strecke über diverse Cols mit tollen Ausblicken, wir rasten am Brunnen vor der Marie von Le Castellnard. Weiter geht es zum Tagesziel Le Thoard.

Wir gönnen uns einen Pastis in der Abendsonne. Nach einem abendlichen Picknick in der geräumigen Wohnküche stiftet unser Gastgeber noch einen Digestif als Absacker.

Mi, 5.9.: Le Thoard – Oraison (66 km)
Über Barras Mallemoisson und Le Chaffaut s/Jurson (D12 / D8) geht es zum Col de l'Espinouse (838 m). Über Bras d’Asse, La Begude Blanche, Brunet und Les Buissonades erreichen wir Oraison.

Ich sitze unter einem Olivenbaum in der Abendsonne, blicke ins Tal der Durance und schreibe meine Reisenotizen. Es ist gegen halb sieben. In Frankfurt dürften sich gerade die Gruppen Altkönig und Adlersuche auf den Weg machen. Aus dem Midi wünsche ich „Bonne Route“…

Do, 6.09.: Oraison - La Bastide des Jourdans (63 km)
Von Oraison folgen wir dem Verlauf der Durance, bis wir diese bei Manosque queren. Wir suchen die Lubéron Veloroute, die eigentlich am Bahnhof beginnen müsste. Nach etwas suchen geben wir auf und folgen der normalen Landstraße nach Pierrevert. Danach finden wir die Veloroute, der wir folgen bis La Bastide des Jourdans.

Wir machen Picknick im Garten. Am Abend beobachte ich lange den Sternenhimmel, der hier besonders klar zu sehen ist, weil der Mistral alle Wolken wegbläst.

Fr, 7.9.: La Bastide des Jourdans – Cavaillon (65 km)
Wir folgen der Veloroute weiter über La Motte d'aigues und Cucuron nach Lourmarin. Dort machen wir einen Zwischenstop, es ist Markt. Geeignete Reisesouvenirs finde ich nicht. Zu meinem Erschrecken werden auf dem Markt auch Welpen verkauft. Aus Mitleid kaufen Touristen diese und erreichen damit genau das Gegenteil, sie kurbeln das für die Händler lukrative Geschäft auch noch an.

Wer einen Hund oder eine Katze haben will, der sollte vorher daran denken, dass er sich mit einem Haustier für einen langen Zeitraum festlegt. Denn ein Tier darf man nicht einfach beiseite legen, wenn man genug davon hat. Wertvolle Tipps zu diesem Thema gibt es z.B. unter www.tiereinspanien.de.

Ich kaufe nur eine Landkarte, die uns auf der Lubéron Route noch hilfreich sein wird. Wir folgen der Route bis Cavaillon. Unser Quartier ist das Hotel Toppin, in der Nähe der Altstadt, das Haus ist einfach, aber gut, Abendessen in einem Restaurant bei sehr guter traditionell-provençalischer Küche.

Sa, 8.9.: Cavaillon – Apt (46 km)
Wir folgen zunächst der Lubéron-Route. In Bonnieux machen wir Pause und planen den weiteren Verlauf und vor allem die weiteren Übernachtungen auf der Tour.

Statt der Veloroute entscheiden wir uns für die äußerst angenehme und schöne Abfahrt über die D3 hinunter nach Apt. Wir übernachten im Hotel Aptois, zentral am Rand der Altstadt gelegen.

So, 9.9.: Apt – Forqualquier (70 km)
Weiter geht es auf der Lubéron Route, die zunächst auf einem ehemaligen Bahndamm entlang der N100 via Cereste geführt wird. Dann geht es auf eine schöne, aber bergige Strecke. Wir kurbeln bei knapp 30 Grad und strahlendem Sonnenschein schwitzend durchs Lubéron.

Leider fehlen auf der Radroute ganz die bei uns üblichen Picknickbänke und der Boden ist hier recht stachelig. Schließlich erreichen wir Forqualquier. Unser Quartier ist auf einem Bauernhof ca. 3 km südlich mit vielen Tieren, u.a. wird Rotwild im Gehege gehalten. Zum Essen fahren wir ins Dorf zurück.

Mo, 10.9.: Forqualquier – St. Vincent s/Jabron (72 km)
Heute geht es in die Berge. Von Forqualquier aus erreichen wir den Belvedere du Roi (694 m), weiter geht es über Fontienne nach St. Etienne les Orgues (697 m). Ab hier steigt die Straße an zum Signal de Lure (1.826 m), dem Dach unserer Tour.

Bei der Auffahrt im Wald gibt es überraschend viele Fliegen, die nicht leicht zu überlisten und bei Kriechfahrt ziemlich lästig sind.

Lange Steigungen, wie heute  auf das „Dach“ der Tour, den 1.826 m hohen Signal de Lûre, sind nicht für jeden was. Nimmt man sich aber die Zeit, wird man mit atemberaubenden Ausblicken belohnt.

Text und Fotos: Jürgen Johann

10.01.2008 I ADFC Frankfurt am Main e. V. |