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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Reisetagebuch Provence
Teil II

Lange Steigungen, wie heute auf das „Dach“ der Tour, den 1.826 m hohen Signal de Lûre, sind nicht für jeden was. Nimmt man sich aber die Zeit, wird man mit atemberaubenden Ausblicken belohnt.

Auf dem „Sattel“ kurz vor der Passhöhe gönnen wir uns eine Pause, es hat einen tollen Ausblick hier. Weiter talwärts am Pas de la Graille (1597 m) treffen wir ein Paar aus Dresden auf Bergfahrt, die mit ihrem umfangreichen Einkauf aus Sisteron am Berg irgendwo zelten wollen. Wir werden ihnen noch öfter begegnen. Weiter geht es über Valbelle ins Tal des Jabron und bald erreichen wir St. Vincent.

Di, 11.9. St. Vincent s/ Jabron - Monieux (54 km)
Von St. Vincent s/ Jabron kurbeln wir über Montfroc nach Sédéron, über den Col de la Pigière (968 m) und den Col de Macuègne (1068 m). Dort treffen wir einen Franzosen aus Grenoble, den wir etwas weiter am Col de l'homme mort (1212 m) wieder sehen. Er ist unterwegs mit Zeltgepäck und schraubt täglich 100-130 km in 10-12 Std. Außerdem treffen wir ein Paar aus Hamburg, das noch zwei Wochen Tour vor sich haben.

Einerseits sind 14 weitere Urlaubstage verlockend, andererseits freut man sich ja irgendwann auch wieder auf zu Hause...

Über Ferrasières erreichen wir Sault, wo wir uns eine Pause gönnen. In diesem Gebiet rund um den Mont Ventoux sind sehr viele Radler zu sehen. Nicht mehr weit ist es zum Etappenziel Monieux, einer Ferme, ein paar Kilometer vom Dorf entfernt. Es gibt dort viele Schafe und Ziegen, sowie eine Trüffelhundezucht. Trüffelhunde haben die Trüffelschweine weitgehend abgelöst, da sie leichter zu halten sind. Auf dem Hof wird alles für den Eigenbedarf produziert, verkauft wird außer Trüffeln nichts.

Mi, 12.9. Monieux - Carpentras (48 km)
Von Monieux geht es auf eine Traumstrecke. Nach kurzem Anstieg erreichen wir einen Pass und rollen dann über rund 20 km abwärts die Gorges de la Nesque entlang. Über Villes s/Auzon geht es an einen Badesee in Mormoiron, wo das Mittagspicknick und eine Badepause angesetzt sind. Über Mazen erreichen wir Carpentras.

Wir bleiben für zwei Tage im Hotel Malaga, es liegt zentral und ruhig, das geräumige Doppelzimmer kostet € 40,- pro Tag. Es ist eigentlich ein DZ mit einem zweiten Zimmer, Mikrowelle und Kühlschrank, also fast ein Apartment.

Do, 13.9. Carpentras - Orange - Carpentras (69 km)
Heute machen wir eine Tagesfahrt. Über Châteauneuf du Pape erreichen wir Orange, der Zufall will es, das heute Markt ist. Gegen Nachmittag nach Picknick und Pastis unter Platanen geht es zurück nach Carpentras. Die Weinernte im Côtes du Rhone ist in Gange, überall sehen wir lauter fröhliche Erntehelfer – trotz der Knochenarbeit unter sengender Sonne.

Fr, 14.9. Carpentras - L'Isle sur la Sorgue (55 km)
Von Carpentras folgen wir der D4 in Richtung St Didier. Es schließt sich eine sehr schöne Strecke an, die uns an Venasque vorbei zur Abbeye de Senanque führt. Von dort führt uns der Weg über Gordes, wohin wir einen Abstecher machen. Über Cabrières führt uns der Weg zur Fontaine de Vaucluse. Hier tritt normalerweise ein Fluss ans Tageslicht, aber heuer führt dieser sehr wenig Wasser. Am Rastplatz treffen wir das Pärchen aus Dresden wieder, deren Ziel nun Avignon ist, und die jetzt noch drei Wochen vor sich haben.

Für uns ist es nun nicht mehr weit zum Etappenziel L'Isle sur la Sorgue, vorher stärken wir uns noch mit Feigen frisch vom Baum.

Unser Quartier ist das Hotel „L'Etape“, das an der Route de Carpentras etwas außerhalb liegt.

Sa, 15.9. L'Isle sur la Sorgue - Avignon (26 km)
Von L'Isle sur la Sorgue führt uns die D25 über Caumont s/Durance und den Mt. de Vergues nach Morières. Auf ruhigen Nebenstraßen erreichen wir so gegen Mittag Avignon. Es bleibt noch viel Zeit, die Stadt ausgiebig zu bebummeln. Einer bleibt immer bei den Rädern, man weiß ja nie…

Gegen halb zehn machen wir uns auf zum Abfahrtsplatz des Nachtbusses nach Trier. Eigentlich wären wir lieber mit der Bahn gefahren, aber es gab ein Problem mit der Reservierung. In Nachtzügen der SNCF ist die Radmitnahme reservierungspflichtig, und es ist gar nicht spaßig, nachts am Bahnhof zu stehen und u.U. nicht mitzukommen, weil der Zug schon voll ist. So haben wir uns erstmals für den Nachtbus entschieden, nachdem Freunde darüber auch schon recht positiv berichtet haben.

Beim Einladen treffen wir ein letztes Mal das Dresdner Paar.

Die Einladeprozedur geht entspannt vor sich, das Personal ist sehr freundlich. Die Lenker werden quergestellt, das ist alles. Das Gepäck verschwindet in den Staukästen. Wir fahren pünktlich los, zunächst als „Sitzbus“, erst bei einem späteren Halt werden die Liegen aufgebaut.

Das Schlafen im Bus geht mehr schlecht als recht, Kopfkissen gibt es keine (Rucksack oder Pulli dienen als notdürftiger Ersatz), durch das Liegen in Längsrichtung und das unvermeidliche Schlingern des Busses schläft man unruhig. Mehrmals in der Nacht wird angehalten.

Es ist ein deutlich schlechteres Reisen als im Zug, der ruhiger läuft und in dem man sich auch mal die Beine vertreten kann.

So, 16.9. Avignon - Metz - Saarbrücken - Frankfurt/M.
Der Bus bleibt in Hadange bei Metz liegen. Laut Aussage des Fahrers gibt es „ein kleines Problem mit dem Wasser“. Ich betrachte mir den Schaden: Frisch eingefülltes Kühlwasser fließt einfach unten wieder raus. Kühlwasser in Dieselmotoren ist um 80 Grad warm und muss entsprechend abkühlen, um eine Ersatzdichtung einbauen zu können (die erst mal da sein muss). Das dauert, denke ich, hier kommen wir mit diesem Bus so schnell nicht weg. Von wegen „kleines Problem“.

In einem Hotel ganz in der Nähe kläre ich ab, wo wir genau sind, wie weit es nach Metz Innenstadt ist und wie man da hinkommt. Es sind schlappe 10 km.

Wir lassen unsere Räder ausladen, machen sie startklar und radeln los. Nach 15 km stehen wir am Bahnhof Metz Ville. Wir haben noch etwas Zeit, dann fährt ein Zug nach Saarbrücken. Dort haben wir einen durchgehenden Anschlusszug, der uns nach Frankfurt bringt.

Gegen Nachmittag (nicht nennenswert später als es bei planmäßiger Fahrt gewesen wäre) sind wir zu Hause. Später erfahren wir, dass die anderen Radler mit fünf Stunden Verspätung zu Hause waren. Naturs-Reisen war kulant und hat uns die Fahrkarte Metz-Saarbrücken erstattet.

Epilog
Eine überaus schöne Fahrradreise über rund 1000 km durch die Provence geht zu Ende. Ich liebe diesen Teil Frankreichs mit seinen freundlichen Menschen, tollen Landschaften, exzellenter Küche und recht beständigem Wetter. Wir hatten Sonne satt und Temperaturen bis 30 Grad. Dabei war es aber nie schwül, eher sehr trocken.

Man merkt, dass die Provence bei Reiseradlern überaus beliebt ist. In anderen Regionen, die auch sehr schön sind, habe ich selten eine derart große Zahl gesehen.

Allerdings waren auch selten so viele Höhepunkte, wie z.B. Sisteron, Nyons, Avignon, Orange, Abbeye de Venasque, Fontaine de Vaucluse, Gordes, … auf so kurzer Strecke vereint.

Text und Foto: Jürgen Johann


Reiseinformationen Provence

An- und Abreise:

Bahn: Die SNCF bietet günstige Tickets an (nur über www.voyages-sncf.com ). Z.B. mit PrixPrem ab 20 Euro von Strasbourg nach Lyon, man muss sich nur auf einen Direktzug festlegen. Problem ist Reservierungspflicht im Nachtzug, im TGV und manchem Fernzug.

Die DB-Auskunft ist zwar komfortabler als die der SNCF, aber nur bedingt hilfreich, da die Option „Fahrradmitnahme“ nicht immer korrekt von der SNCF übernommen wird. Im Zweifel die Verbindung bei DB recherchieren und auf der SNCF-Seite gegenprüfen und ggf. einen Ausdruck davon (wg. Fahrradsymbol) mitnehmen.

Von Frankfurt gibt es zwei sinnvolle Varianten: RE Frankfurt-Saarbrücken (Umstieg)-Metz oder IC Frankfurt-Karlsruhe(Umstieg)-Offenburg (Umstieg)-Strasbourg

Ab Strasbourg und Metz gibt es Tages-Direktverbindungen u.a. nach Lyon mit guten Anschlüssen in die Provence.

Bus: Den Nachtbus nach Avignon kann man buchen über www.natours.de . Es werden auch andere Relationen nach Frankreich angeboten, günstigste Zustiegsorte ab Frankfurt sind Köln oder Trier. Pulli als Kopfkissen und Halstuch zum Augen abdecken mitnehmen.

Übernachtung:

Unter www.gites-de-france.fr kann man die genannten Chambre d'hôtes (vergleichbar mit Bed&Breakfast) recherchieren und zum Teil auch buchen. Es gibt ein jährlich neu aufgelegtes zentrales Verzeichnis, das auf dieser Seite bestellt werden kann. Meist kommt man für Euro 40–50 pro Doppelzimmer inkl. Frühstück unter, es kann aber auch deutlich mehr kosten. Manchmal wird die (empfehlenswerte) Table d'hôte angeboten (Abendessen an der Gästetafel). Vor Ort lässt sich das am Besten telefonisch machen, wofür entsprechende Sprachkenntnisse erforderlich sind.

Die preiswerte Alternative sind Gîtes vom gleichen Verband, diese sind auf Selbstversorgung aus- und meist einfach eingerichtet, werden vor allem während der Ferienzeit aber zumeist nur an Gruppen, oft auch nur für einen längeren Zeitraum angeboten. Chambre d'hôtes und Gîtes finden sich meist abseits auf dem Lande.

Günstig in Städten sind oft zentral gelegene kleine Hotels, hier empfiehlt es sich, das örtliche „Office de Tourisme“ aufzusuchen.

Jugendherbergen gibt es auch, diese sind aber nicht so dicht gesät wie bei uns. Ein Mitgliedsausweis ist erforderlich (vgl. www.djh.de ).

27.03.2008 I ADFC Frankfurt am Main e. V. |