Superblocks in Barcelona: Eine Stadt erfindet sich neu
Während meiner zwei Wochen Bildungsurlaub in Barcelona habe ich erlebt, wie sich die Stadt durch innovative Stadtplanung verändert. Die katalanische Metropole setzt mit dem Konzept der sogenannten „Superblocks“ auf nachhaltige Mobilität, Verkehrsberuhigung und eine verbesserte Lebensqualität für ihre Bewohnerinnen und Bewohner. Könnte das auch für Frankfurt funktionieren?
Was sind Superblocks?
Superblocks (spanisch „Superilles“) sind Quartiere, die mehrere Wohnblöcke umfassen und in denen der motorisierte Verkehr stark eingeschränkt ist. Lediglich Anwohner, Lieferdienste und Notfalldienste dürfen in reduzierter Geschwindigkeit in diese Bereiche einfahren. Der gewonnene Raum wird für Fußgänger, Radfahrer und soziale Interaktionen genutzt. Sitzbänke, Spielplätze und begrünte Flächen verwandeln vormals stark befahrene Straßen in lebendige Nachbarschaften.
Auswirkungen auf die Fahrrad-Infrastruktur
Einer der größten Gewinner der Superblock-Strategie ist der Fahrradverkehr. Durch die Beruhigung des Verkehrs entsteht eine sichere und angenehmere Umgebung für Radfahrende. Zudem hat die Stadt ihr Radwegenetz erheblich ausgebaut:
- Barcelona verfügt mittlerweile über mehr als 240 Kilometer an Fahrradwegen, viele davon sind mit Schutzbarrieren versehen.
- Innerhalb der Superblocks haben Fahrräder oft Vorrang vor motorisierten Fahrzeugen.
- Bike-Sharing-Systeme: Das Programm „Bicing“ bietet eine umweltfreundliche Alternative für Pendler und Touristen.
- Selbst in den größeren Durchgangsstraßen wurden sehr gute Fahrradwege eingerichtet, wie man im Foto sehen kann.
Positive Effekte der Superblocks
Die Umgestaltung der Stadt zeigt bereits deutliche Auswirkungen:
- Weniger Verkehr führt zu besserer Luftqualität und weniger Lärm.
- Unfallzahlen sind in den Superblocks stark gesunken.
- Soziale Belebung: Durch die neuen Begegnungszonen steigt die Interaktion zwischen den Anwohnern.
Herausforderungen und Kritik
Trotz der zahlreichen Vorteile gibt es auch kritische Stimmen. Einige Geschäftsinhaber befürchten Umsatzeinbußen durch weniger Autoverkehr, und manche Anwohner kritisieren die eingeschränkte Erreichbarkeit mit dem Auto. Zudem erfordert die Umsetzung eines Superblock-Modells eine enge Abstimmung mit den Bewohnern, um Akzeptanz zu schaffen.
Die Ergebnisse nach dem Umbau waren jedoch sehr positiv: Im Superblock in Poblenou stieg die Anzahl ebenerdiger Geschäfte innerhalb von zwei Jahren von 65 auf 85. Damit stieg die Anzahl örtlicher Unternehmen um 30 %.
Die gesteigerte Aufenthaltsqualität und die Zunahme des Fußverkehrs führten zu häufigeren und längeren Besuchen in lokalen Geschäften und Cafés. Die höhere Anzahl an Geschäften lässt vermuten, dass durch die gesteigerte Attraktivität des Gebietes die lokalen Umsätze gestiegen sind, genaue Angaben von Einzelhandel und Gastronomie liegen jedoch noch nicht vor.
Ein Modell für andere Städte?
Barcelona beweist, dass innovative Stadtplanung die urbane Lebensqualität erheblich verbessern kann. Die positiven Erfahrungen mit den Superblocks könnten Vorbild für andere Städte weltweit sein, die nach nachhaltigen Lösungen für Verkehrsprobleme und Umweltbelastung suchen. Kopenhagen, Paris und Berlin haben bereits Interesse an ähnlichen Konzepten gezeigt.
Mit den Superblocks hat Barcelona einen mutigen Schritt in Richtung einer grüneren und lebenswerteren Stadt gewagt. Radfahrende profitieren in besonderem Maße, aber letztlich gewinnt die gesamte Stadtgesellschaft durch mehr Lebensraum, weniger Verkehr und eine gesündere Umwelt.
Weiterführende Informationen
Das Umweltbundesamt hat in einem Factsheet die Superblocks in Barcelona als Best-Practice-Beispiel vorgestellt. Das Dokument enthält zudem eine Stadtkarte, die die Umsetzung der Superblocks veranschaulicht. Interessierte finden das vollständige Papier unter: adfc-ffm.de/=Uzw0.
In Frankfurt gibt es bereits einen Plan, wie ein Superblock in Bockenheim um die Leipziger Straße herum eingerichtet werden kann. Der wurde von der Initiative Superblock Bockenheim erstellt (https://superblock-bockenheim.de/) und wird von der Stadt Frankfurt positiv bewertet. Allerdings scheint kein Personal bei der Stadt dafür eingeplant zu sein, sich näher damit zu beschäftigen. Offenbar müssen wir also noch etwas Geduld haben, bis auch bei uns die Verantwortlichen soweit sind, dieses zukunftsweisende Stadtkonzept zu übernehmen.