Ins fränkische Weinland
Das erste Stück bis Bad Kissingen ist leicht hügelig. Um die Hügel besser zu bewältigen, erhöhte Theda mit ihrer kleinen raffinierten Pumpe mit Manometer den Luftdruck einiger Schläuche. Zur Mittagsrast ruhten wir uns auf den Kurparkbänken von Bad Kissingen aus und genossen die Strahlen der Herbstsonne. Bei unserem anschließenden Besuch eines Cafés stellte sich heraus, dass bis auf eine Teilnehmerin alle Mitglied beim ADFC sind. Entlang der fränkischen Saale radelten wir auf ruhigen Radwegen nach Hammelburg, wo wir unsere erste Nacht verbrachten. Rosemarie schaffte es wegen des üppigen Abendessens nicht, ihr Cordon bleu aufzuessen, sie ließ es sich einpacken, um es beim nächsten Picknick genüßlich zu verspeisen. Nach dem Abendessen ging es auf die Zimmer, da fast alle den Film „Wut“ im Fernsehen ansehen wollten. In diesem geht es um Gewalt an Schulen. Beim Frühstück sorgte der realitätsnahe Film für reichlich Gesprächsstoff, zumal Alexander, ein ehemaliger Lehrer in Frankfurt, diese erschreckende Problematik an Schulen bestätigen konnte. Nach einer kurzen Besichtigung der historischen Altstadt von Hammelburg ging es weiter Richtung Gemünden, wo wir an der fränkischen Saale unsere Mittagsrast verbrachten. Gemünden liegt an Sinn, Saale und am Main, denn die Sinn fließt hier in die fränkische Saale und diese in den Main. Im Sommer lohnt sich in Gemünden ein Besuch der Scherenburgfestspiele.
Am Sonntag radelten wir nach Werneck, wo wir uns den mit vielen Blumenrabatten, einem großen Seerosenteich und alten Bäumen ausgestatteten Schlosspark des Balthasar-Neumann-Schlosses ansahen. Im Schloss befindet sich jetzt das Krankenhaus. Heute sahen wir öfters in der Ferne die Kühltürme des Kernkraftwerks in Grafenrheinfeld. Unsere Mittagspause verbrachten wir diesmal unter dem Blätterdach einer Pergola in einem Biergarten in Bergrheinfeld. Kurz nach dem Aufbruch stießen wir unerwartet auf einen Erntedankumzug. Auf einem der reich geschmückten Wagen saß hoher Besuch, der Altbischof von Würzburg, dem ein vollbesetzter Wagen mit gutgelaunten, winkenden Ordensschwestern folgte. In der schönen Pfarrkirche „Kreuzauffindung“ sahen wir uns das vor dem Altar drapierte Erntegut, die hellblauen Säulen und die Winterhalter-Orgel (eingebaut 1999) an. Als wir die Kirche verließen, war Manfred gerade dabei, unsere Räder wieder aufzurichten, die in Dominoeffektmanier umgefallen waren. Entlang des Mains radelten wir an Weinbergen vorbei, wo die Winzer schon die Trauben ernteten. Zwischendurch hielten wir an, um hoch zur Wallfahrtskirche „Maria im Weingarten“ zu laufen, um zum einen die Aussicht zu genießen und zum anderen die berühmte, von Tilman Riemenschneider geschnitzte „Maria im Rosenkranz“ zu bewundern. Die Wahlheimat des aus Thüringen stammenden Künstlers Tilman Riemenschneiders war die fürstbischöfliche Residenzstadt Würzburg, in der er 1531 verstarb. Danach fuhren wir in die Weinstadt Volkach, wo wir übernachteten. Das Hotel verfügt über viel Ambiente, alle Zimmer sind liebe- sowie stilvoll eingerichtet und das Frühstücksbüffet hat Klasse. Abends kehrten wir in eine Weinstube ein, in der Theda in weiser Voraussicht Plätze reserviert hatte. Das Lokal war brechend voll – sicher auch wegen der riesigen Portionen, die vorzüglich schmeckten. Vor der Abfahrt am Morgen zeigte uns Theda u.a. das historische Rathaus aus dem Jahre 1544 und das Schelfenhaus, ein barockes Stadtpalais von 1719. Auf dem Wappen über der Haustür trägt der Hausherr einen Apfel, um den sich die Schale (=Schelfe) ringelt. Hier beobachtete uns ein anderer Radler, der kurze Zeit später Kontakt zu Alexander knüpfte, da dieser auch ein Fahrrad der Firma Riese und Müller fährt. Der Radler kam aus Leverkusen und berichtete uns von seiner 34-tägigen Tour von Leverkusen nach Santiago de Compostela. Ihn trafen wir später noch häufiger, letztmals beim Frühstück in einem Gasthof in Eibelstadt, wo er uns erzählte, dass er schon 73 Jahre alt sei. Um eine Mainschleife zu umgehen fuhren wir den Kanal entlang bis Münsterschwarzach, wo wir die Benediktinerabteikirche besichtigten. Zur Mittagspause rasteten wir in Kitzingen, wo es abschließbare Fahrradboxen gibt, falls man sich die hübsche Stadt am Main zu Fuß ansehen möchte. Wir machten es uns auf den Bänken am Brunnen hinter der Kirche bequem und brachen auf als Regen einsetzte. In Marktbreit sahen wir uns das Maintor an, an das sich ein schmales schiefes Fachwerkhäuschen und auf der anderen Seite das Rathaus anlehnt sowie das gelbfarbene Seinsheimer Schloss mit seinen Treppenzinnen. Marktbreits berühmtester Sohn ist der Psychiater Alois Alzheimer (geb. 1864). Vor der Weiterfahrt suchten wir die öffentlichen Toiletten am Tourismusbüro auf. Theda weiß nämlich genau, wo die zu finden sind, wenn man sie braucht!
Nächstes Jahr Anfang Oktober bietet Theda (www.thedatours.de) wieder eine mehrtägige Radtour in Mainfranken an, es lohnt sich mitzufahren! Insgesamt bewältigten wir von Freitag bis Mittwoch 235 km, wobei lediglich der Abfahrtstag von Dauerregen getrübt wurde, was sich aber aufgrund der wenigen zu bewältigenden Tageskilometer von 13 km bis Würzburg und dank der Regencapes, der Gamaschen um Hosenbeine und Schuhe und der wasserdichten Packtaschen verkraften ließ. Angelika Dietrich Fotos: Angelika Dietrich und Theda Bunje |