Die vollständigen Ergebnisse zum Fahrradklima-Test online unter: fahrradklima-test.adfc.de
Frankfurt auf Platz 1 im ADFC-Fahrradklima-Test – und nun?
Ein Kommentar von Ansgar Hegerfeld
Es hat sich in den letzten Jahren viel getan in Frankfurt! Für manche zwar nicht genug, aber die Stadt hat nicht nur viele neue Radwege und Abstellanlagen geschaffen. Fast noch wichtiger als diese konkret messbaren Ergebnisse ist die Veränderung in der Mentalität der Verantwortlichen in Politik und Stadtverwaltung: Manche sind in den letzten Jahren selbst aufs Fahrrad gewechselt und haben plötzlich erlebt, wie beschwerlich und unangenehm der Weg durch unsere Stadt sein kann. Dieser Perspektivwechsel verändert nachhaltig die Wahrnehmung und wir müssen viele Probleme nicht mehr groß erklären, weil auch die verantwortlichen Personen diese jeden Tag am eigenen Leib erleben.

Peter Sauer
Sind wir deswegen schon am Ende? Ist Frankfurt nun lebenswert und fahrradfreundlich? Nicht wirklich. Aber wir sind auf dem Weg in eine gute Richtung.
Während wir vor wenigen Jahren noch ins Ausland reisen mussten, um uns Radverkehrsförderung anzuschauen, geben wir inzwischen immer wieder selbst verkehrspolitische Stadtführungen in Frankfurt. Egal ob ADFC-Aktive aus anderen Städten oder Parteien – alle wollen wissen, wie Frankfurt (für deutsche Verhältnisse) so unvorstellbar schnell so viel geschafft hat. Das zeigen wir natürlich gerne, aber gleichzeitig kann man eine Zahl nicht ignorieren: Beim ADFC-Fahrradklima-Test hat Frankfurt eine 3,49 als Schulnote erhalten. Gerade noch so „befriedigend“, kurz vor „ausreichend“. Diese mittelmäßige Note reicht bundesweit für Platz 1 in der Größenklasse, man könnte also sagen „für Deutschland reicht es“. Oder anders herum: Die anderen Großstädte stehen noch schlechter da als wir, was auch zu den Rückmeldungen nach Besuchen in diversen anderen Städten passt. Auf Platz 1 ausruhen sollte man sich auf keinen Fall, sonst wird man von anderen Städten schneller wieder überholt als man „Radweg“ sagen kann.
Ist Frankfurt nun lebenswert und fahrradfreundlich?
Vergleichen wir uns aber nicht nicht nur mit den anderen autogerechten deutschen Städten, sondern international, sieht die Sache schon etwas anders aus. In Helsinki leben zwar aktuell noch etwas weniger Menschen als in Frankfurt, trotzdem ist die Bevölkerungsdichte der beiden Städte dank der etwas kleineren Landfläche Helsinkis fast identisch. Einen bemerkenswerten Unterschied gibt es zwischen den beiden Städten: In Helsinki wurde 2024 kein einziger Mensch im Straßenverkehr getötet. In Frankfurt waren es im selben Jahr 17 Menschen, die nicht lebend an ihrem Ziel angekommen sind. Dazu kommen in Frankfurt 363 schwer verletzte und 3374 leicht verletzte Menschen.
Wie hat Helsinki das geschafft? Die Lösungen sind so einfach, wie auch seit vielen Jahren bekannt: Geschwindigkeitsreduzierungen (Tempo 30), Polizeikontrollen, geschaffene attraktive Alternativen zum Autoverkehr und dadurch eine Reduzierung der Kfz-Nutzung in der Stadt. Dafür waren viele mutige Schritte notwendig, die sich jetzt auszahlen.
Bei uns ist also noch sehr viel zu tun, damit wir eines Tages guten Gewissens unsere Eltern und Kinder alleine durch die Stadt fahren lassen können. Doch die Probleme hören nicht einfach an der Stadtgrenze auf, dafür ist das Rhein-Main-Gebiet zu dicht besiedelt und zu eng vernetzt. Die Radschnellwege brauchen zu lange und in manchen Nachbarkommunen werden im Zweifelsfall lieber Straßenbahnen verhindert und sogar Radwege wieder entfernt, anstatt den Radverkehr weiter zu fördern. So wird es leider nichts mit der freien Wahl des Verkehrsmittels für alle Menschen und für eine lebenswertere Umgebung. Deshalb wird uns auch zukünftig nicht langweilig werden, denn es wird genug zu tun geben.
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