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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Zwischen Treuchtlingen und Weißenfurt liegt die Wasserscheide zwischen Atlantik und Schwarzem Meer. Ein bemalter Hausgiebel hilft bei der großräumigen Orientierung.
Fotos: Günther Gräning

Von nun an geht's bergab...

Die Wasserscheide zwischen Nord- und Ostsee verläuft durch den Süden Kiels. Zufällig steht mein Geburtshaus fast genau darauf, und mein täglicher Schulweg kreuzte sie zweimal. Davon merkte man aber fast nichts.

Dennoch vermute ich, dass für mich deshalb Wasserscheiden mystische Orte sind, spätestens seitdem ich in Hessen Rad fahre. Denn schon der Weg zum Saalburg-Pass in Bad Homburg ist weitaus eindrucksvoller als mein damaliger Schulweg, obwohl es sich nicht um eine Wasserscheide zwischen zwei Meeren sondern nur zwischen Kirdorfer Bach und Erlenbach handelt....

Wasserscheiden sind mystische Orte, in der Tat! Radler wissen das. Manche waren noch nie mit einem Rad so weit oben. Erfahrene wissen, dass man genügend Wasser mitnehmen muss, denn dort oben gibt es meistens keins.

Manchmal sind Wasserscheiden beschildert. Dahinter beginnt oft eine ganz andere Welt. Ich erinnere mich an eine Querung des Alpenhauptkamms per Fahrrad über den Sölk-Pass: Im Gasthof "Zum Hirschen" in Schöder auf der Südseite fragte man erstaunt: "Was, da kann man mit dem Rad rüberfahren?!" Man war eben noch nie drüben im Norden gewesen!

Wer richtige Wasserscheiden erfahren und erleiden möchte, dem kann ich empfehlen: den Landrücken zwischen Kinzig und Fulda, also zwischen Rhein und Weser; von der Hörsel zur Unstrut, also von der Werra zur Elbe; von der Ruhr zur Lahn in Winterberg. Auch die Hohe Straße zwischen Main und Nidder ist eindrucksvoll, allerdings fährt man hier nicht über sondern auf einer Wasserscheide.

Nun zu der europäischen Wasserscheide zwischen Atlantik und Schwarzem Meer! Man könnte ja meinen, dass sie eigentlich für Radler fast unüberwindbar sein müsste, angesichts der großen Entfernung zwischen den beiden Meeren. Aber ganz im Gegenteil: Zwischen Treuchtlingen und Weißenburg ist sie kaum zu spüren, jedenfalls weniger als die in Kiel. Leider liefert der Brunnen hier kein Trinkwasser. (Die Lektüre der eingravierten Inschrift im völkischen Stil von 1935 kann man sich sparen.) Im Jahre 793 ließ Karl der Große hier in der Ortschaft Graben einen Graben graben: Der Graben ist immer noch da, heißt vornehm "Fossa carolina" und wird illustriert durch einen bemalten Hausgiebel. Nur trinken kann man auch hier nichts.

In der Nähe des Brombachsees hingegen ist das Wasser an der Wasserscheide durchaus trinkbar. Der Wasserhahn steht direkt am Radweg zwischen Langlau und Pfofeld. Man verdankt ihn den Bemühungen der Gemeinde um den Fremdenverkehr. Wenn man keinen Durst mehr hat, kann man das Wasser aber auch in die Rinne laufen lassen und sich überlegen, ob es zuerst im Schwarzen Meer oder in der Nordsee ankommt…

Günther Gräning