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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main   

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

Artikel dieser Ausgabe
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Warum nicht überall? Bügel statt Poller!
Foto: Bertram Giebeler

Wo stell ich's ab?

Szenarien eines Alltagsradlerproblems

Frankfurt ist eine wachsende Stadt und zusätzlich wächst der Radverkehrsanteil stetig. Natürlich findet der ADFC das gut, ist er doch selbst an diesem Trend beteiligt. Es gibt aber mittlerweile unübersehbar ein Platzproblem: es gibt zu wenig Abstellmöglichkeit. Insbesondere dann, wenn sich der Trend zum Pedelec/E-Bike fortsetzt, sind "Lösungen" wie Keller oder Gartenzaun absolut nicht mehr zumutbar. Nicht nur der wachsende rollende Radverkehr auf der Straße verlangt eine Neuaufteilung des Straßenraums; auch der ruhende Radverkehr braucht Platz, und wo der Platz knapp ist, sind intelligente Lösungen gefragt.

Szenario im Haus:
willst du fit sein,
schlank und munter,
schlepp dein Rad
die Treppe runter!

Citynahes Nordend, also beste Lage für Alltagsradler, ein nüchtern-praktisches Wohngebäude aus der Nachkriegszeit mit 45 Wohnungen. An den Briefkästen findet sich ein Aushang der Hausverwaltung mit folgendem Inhalt:

"…da die momentane Situation im Hof nicht mehr hinnehmbar ist, wird die Aufteilung der Hoffläche neu gestaltet. Im Bereich der im Moment zu Hauf abgestellten Fahrräder werden ab dem 01.09.2012 die vermieteten Stellplätze (!!) untergebracht. Die Menge an aufgestellten Fahrrädern überschreitet bei weitem das optisch Erträgliche! Nachdem das unkontrollierte Abstellen der Fahrräder auf dem Hof lange Zeit geduldet wurde, ist dies nun ab September nicht mehr erlaubt. Die Unterbringung Ihres Fahrrades hat ab dem o.g. Datum in Ihrem Keller zu erfolgen. (…) Fahrräder, die nicht zum 01.09.2012 entfernt worden sind, werden von uns (…) kostenpflichtig entsorgt."

Na prima! Da vermietet jemand 45 Wohnungen und meiert seine Mieter unfreundlich ab, als sei das Abstellen des Fahrrades zu ebener Erde kein normales und legitimes Verhalten, sondern eine Art Vermüllung des Hinterhofs. Klar, die kostbare Fläche kann als Parkplatz vermietet werden. Soll halt jeder Mieter seinen Drahtesel die Kellertreppe rauf und runterschleppen, wenn er denn unbedingt Rad fahren will.

Dabei gibt es auch für private Immobilienbesitzer viele Möglichkeiten, den Bewohnern wenigstens einen ebenerdig erreichbaren Fahrradstellplatz pro Haushalt zu bieten: in Vorgärten, in nicht mehr von KFZs genutzten Hofdurchfahrten, in Höfen und Garagen. Es gibt platzsparende technische Lösungen z.B. für Aufhängungen. Man muss es wollen, man muss sich möglicherweise ein paar kreative Gedanken machen, doch es lohnt sich: in Städten wie Frankfurt legen viele Einwohner mittlerweile Wert auf die Nutzung des Fahrrades im Alltag und erwarten vom Hausbesitzer Kundenfreundlichkeit.

Der ADFC kann Immobilienbesitzer jederzeit kompetent beraten! Für Großwohnanlagen gibt es ohnehin schon praktikable Konzepte, die etwa die Wohnungsbaugesellschaft ABG auch schon teilweise umsetzt. Für private Neubauten gilt eigentlich prinzipiell die "Richtzahlentabelle für den Bedarf an Abstellplätzen für Fahrräder" von 1992. Diese sieht in der Regel die Schaffung von 2 Fahrrad-Abstellplätzen pro Wohneinheit vor. Problem: sie wird nicht angewandt und kontrolliert. Es wäre marktgerechtes Verhalten der Bauaufsichtsbehörde, hier auf Vollzug zu bestehen.

Foto links: Platzsparende Lösung dank Gasdruckfeder für den privaten Bereich
Foto: Immo Lautenschläger
Foto rechts: Hofdurchfahrt gut genutzt: 12 rahmenschlüssige Stellplätze
Foto: Bertram Giebeler

Szenario im Wohnviertel:
Ich stell mein Fahrrad
an den Zaun.
und hoff' darauf,
dass sie's nicht klaun

Unter anderem wegen dem oben beschriebenen Haus-Szenario sieht man in den dichtbesiedelten Stadtteilen Frankfurts jede Menge Fahrräder an Eisenzäune angekettet auf dem Gehweg stehen. Sicher ist das nicht und bei schmalem Bürgersteig stört es Fußgänger. Aber was will man machen, irgendwo muss das Rad ja hin.

Die Stadt kann die oft fehlende Unterbringungsmöglichkeit im oder am Wohnhaus nicht komplett kompensieren, aber etwas Abhilfe schaffen kann sie schon. Wird irgendwo ein Satz Anlehnbügel aufgestellt, wird dies schnell dankbar angenommen. Im Extremfall so wie an der Kreuzung Glauburgstraße/Humboldtstraße im Nordend, wo an den 4 Bügelgruppen und an den Masten drumherum 43 Fahrräder standen, als der Autor zum Fotografieren vorbeikam!

Reserveflächen zur Bügelaufstellung gibt es noch einige, immer unter Berücksichtigung der Durchgangsmöglichkeiten für (auch geh- oder sehbehinderte) Fußgänger: viele der weiß markierten Parkverbotszonen im Kreuzungsbereich (der Feuerwehrwagen kommt in der Regel noch um die Kreuzung, wenn dort nur Fahrräder stehen), die "Gehwegnasen" des Kreuzungsneugestaltungsprogramms der letzten Jahre sowie der Platz 5 Meter vor und hinter einem Zebrastreifen. An vielen solcher Flächen stehen bereits Anlehnbügel, aber längst noch nicht überall da, wo es möglich und bedarfsgerecht ist. Wenn ein Leser eine solche Platzierungsmöglichkeit sieht, ist das Radfahrbüro der richtige Adressat für einen Hinweis (Tel. 069 - 212 44734 oder radfahrbuero [at] stadt-frankfurt [dot] de ).

Foto links: Dankbare Radler: Fahrradpulk Humboldtstraße/Glauburgstraße
Foto rechts: Enge Lage, aber immerhin: ein 3er Set für 6 Räder
Fotos: Bertram Giebeler

Szenario in der Innenstadt:
Radler shoppen oft
und tüchtig,
doch Planern ist
die Schönheit wichtig!

Ein normaler Werktag am Nachmittag, halbwegs freundliches Wetter, Schäfergasse in der City: in dieser Nebenstraße der Zeil stehen 30 Fahrräder: an den 8 Abstellbügeln, an Verkehrszeichenmasten, an Absperrungen, frei auf dem Bürgersteig. Das ist normal, an Samstagen im Sommer können es auch 40 oder 50 Fahrräder sein, mehr geht absolut nicht. Auf der Zeil selbst sind dann alle Bügel und alle Baumschützer belegt. Logisch, denn immer mehr Frankfurter/innen haben festgestellt, dass das Shopping mit dem Rad praktisch ist. Immer nah am Ziel, keine Parkplatzsuche und allzu oft muss ja nicht schwere und sperrige Ware gekauft werden. Auch die Ladenbesitzer haben mittlerweile gemerkt, dass radelnde Kunden durchaus etwas kaufen und, weil's so bequem ist, öfter kommen. Der Trend ist ungebrochen, Platzknappheit für Fahrräder ist in Spitzenzeiten jetzt schon ein Problem.

Nun soll die Schäfergasse, wie demnächst auch die anderen Zeil-Nebenstraßen, städtebaulich aufgewertet werden. Bei der ersten Sichtung der Planzeichnung (zur M-Vorlage 187) reibt man sich verwundert die Augen: das wird ja alles ganz hübsch aussehen, wenn es fertig ist, aber wo sollen denn die vielen Fahrräder hin? So ähnlich ging es auch dem zuständigen Ortsbeirat 1, der prompt forderte, Fahrradabstellplätze in der "benötigten" Anzahl einzuplanen.

Generell bedeutet "benötigte Anzahl von Fahrradabstellplätzen" für alle Straßen rund um die Zeil eine "erhebliche Anzahl von Fahrradabstellplätzen", dies ist keine zu gewagte Prognose. Da es auch aus ADFC-Sicht keinen Sinn macht, noch mehr Abstellbügel direkt auf die Zeil zu stellen, sind alle Planungen in den Nebenstraßen fahrradrelevant. Insbesondere auf den drei Zeil-Querungen Große Friedberger Straße – Konstablerwache – Fahrgasse (Bestandteil einer wichtigen Radroute), Stiftstraße – Zeil – Hasengasse und Große Eschenheimer Straße – Hauptwache – Katharinenpforte muss jede städtebauliche Neuplanung einen wachsenden Platzbedarf für den "ruhenden und rollenden" Fahrradverkehr berücksichtigen.

Bertram Giebeler