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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Freeway crossings
Unterwegs im Regionalpark RheinMain, Südwesten

freeway „freier Weg“, am. Autobahn, crossing Kreuzung

Haben Sie die neue GrünGürtelkarte schon einmal umgedreht? Ich habe es getan, im Herbst letzten Jahres, und was ich fand, war überraschend – einen Ausschnitt des Regionalparks RheinMain, südwestlicher Teil.

Südwestlicher Teil, das ist, von Frankfurt aus betrachtet, ein auf den ersten Blick wenig attraktives Reiseland. Im Kopf schwirren Begriffe herum, Fluglärm ist einer davon, Autobahnen, Mönchhofdreieck, Schnellbahntrasse, Chemiefirmen oder Opelwerke sind andere. Wer möchte sich auf dem Velo dazwischen verirren, wen zieht es in diesen Regional-„Park“?

Der Begleittext neben dem Kartenausschnitt verspricht ausgeschilderte Wege in dieser Region, was die Hoffnung nährt, sich in dem Gewirr von Autobahnen, Schnellstraßen und Bahnlinien zurecht zufinden, ohne den Überblick zu verlieren im dicht bebauten Raum entlang des Mains oder im weiten Nichts der ausgedehnten Riedlandschaft südlich davon.

Und siehe da: wer die Frankfurter Gemarkung in der Nähe des Pumpwerks Hinkelstein verlässt, findet nach der Überquerung von autobahnähnlicher „Kelsterbacher Spange“ und parallel verlaufender S-Bahnlinie schnell Hinweise auf die Regionalpark-Route. Noch ist die Umfahrung von Kelsterbach hier etwas mühsam. Die Wegeführung ist am neuen Schotterbett zu erkennen, und die kommende Beschilderung deutet sich auch schon durch einsame Pfosten an. Folgt man diesen Pfosten (und nimmt hier und da die Karte zu Hilfe), gelangt man recht bequem durch den Mönchwald und, auf überraschend gut ausgeschilderten Wald- und Forstwegen, zur beeindruckenden Überführung über die A3 mit begleitender Schnellbahntrasse nach Köln, um direkt danach auf der breiten Schneise unter der Hochspannungsleitung zu landen. Nach Umrunden des Kieswerks wird der nächste „Freeway“ am südlichen Ende des Mönchhof-Dreiecks gekreuzt. Dass man sich dabei auf dem Holzweg befindet, mag Anlass zu manch ironischer Betrachtung geben. Hier ist es einfach nur der Name des Wegs, auf dem die Route 4 verläuft – bei Ostwind leider dem infernalischen Lärm der im Minutentakt anfliegenden Düsenjets ausgesetzt.

Apropos Route 4: Irgendwo zwischen zwei Autobahnquerungen, fallen sie plötzlich auf, die Schilder mit Entfernungsangaben und Routennummern, ähnlich der Wegweisung auf den hessischen Fernradwegen. Links zeigt ein Wegweiser in Richtung Flughafen bzw. Mönchbruch (über Route 25), rechts geht es nach Raunheim und Rüsselsheim über die „4“. Nach einigen Blicken auf Karte und Schilder habe ich kapiert, dass man danach fahren kann. „Folgen Sie der 27 bis zur Kreuzung mit der 10, dann der 10 nach Westen...“. Geht wunderbar. Häufiges Kreuzen der Autobahnen, Schnellstraßen und Eisenbahnlinien geschieht gefahrlos auf freiem Veloweg, (überwiegend) zuverlässig durch einheitliche Beschilderung gekennzeichnet. „Kreisrouten des Kreises Groß-Gerau“ nennt sich diese sensationelle Erfindung.

Erstaunen und Begeisterung macht sich breit im Kopf, während ich durch ausgedehnte Waldstücke mit wenig Aussicht fahre, dafür überwiegend autofrei entlang alter Flussarme, Sumpfgebiete, Feuchtbiotope. Hinter Rüsselsheim dann freier Blick auf die Opelwerke unter weitem blauem Himmel. Der Wind kommt, nun auf freiem Felde, wie so oft, von Vorn.

Die Routenführung streift Neubaugebiete auf separaten Radwegen mit holprigem Verbundpflaster. Nach verdächtig langer Fahrt habe ich mich schon damit abgefunden, abseits des ausgeschilderten Weges gelandet zu sein – aber siehe da, ein Schild mit den üblichen Routenbezeichnungen folgt sofort.

Warum es nach Mainz-Süd dann nach links abgeht, wo Ginsheim geradeaus beschildert ist (was beim mit etwas Ortskenntnis versehenen Radler für Verwirrung sorgt), erschließt sich schnell: In einer Schleife wird der Radverkehr, freeway-artig, kreuzungsfrei unter dem Weg nach Mainz hindurchgeführt, um auf öden Straßen mit Radstreifen zwischen Großmärkten zu landen. Aber auch hier folgt, nach Überquerung von breiten, sonntags recht ruhigen Straßen, wieder die gewohnte Wegweisung auf der Kreisroute 10 zum alten Kiesbagger am Ginsheimer Altrhein, direkt an der Fähre Nonnenaue.

Der Deichweg rheinabwärts zeigt dann gleich mehrere Wegweiser, denn hier befindet sich der Radtourist nicht nur auf dem hessischen R6, sondern auch auf der europäischen Veloroute Rhein und auf einem Regionalparkweg. Um dem Schildersammelsurium zu entfliehen, empfielt sich die Rheinüberquerung auf der Weisenauer (Autobahn-)Brücke auf die rheinland-pfälzische Seite des Flusses. Dort führt eine steile Treppe von der hochgelegenen Brücke zum Zementwerk hinunter auf einen schmalen Weg zwischen Bahnlinie und Industrieanlagen, ganz ohne Beschilderung. Nur das übliche runde blaue Zeichen mit weißem Velopiktogramm und einige entgegenkommende Radfahrer weisen auf den möglichen Fortgang des Wegs in Richtung Mainz hin. Vereinzelt tauchen dann auch grüne Schildchen auf, die auf nahe gelegene Orte hinweisen. Aber die große Linienführung, die zuverlässig durch den Kreis Groß-Gerau führt, ist hier nicht anzutreffen.

(Exkurs: Im Gegenteil: Der von Oppenheim heranführende linksrheinische Radweg weist Besonderheiten auf, die auch Radfahrer ohne Tacho staunen lassen. „25 km nach Mainz“, heißt es an der Oppenheimer Fähre. Wenige Kilometer weiter in Richtung Landeshauptstadt sind es schon „Mainz 27 km, Nackenheim 5 km“. In Nackenheim dann weist die Beschilderung nur noch 13 km nach Mainz aus. Wer mitgezählt hat, ahnt es – irgendwo am Rheinufer stehen ein paar traurige Kilometer, verloren gegangen, herum.)

Am Fluss entlang zur Theodor-Heuss-Brücke ist der Weg zurück ins Hessische kaum zu verfehlen. Die Eisdiele in Kastel dagegen schon, wie sie versteckt gegenüber dem Bahnhof liegt. Wer nach Eisbecher mit Sahne träge wird, geht einfach über die Straße und setzt sich in die nächste S-Bahn nach Frankfurt. Alle anderen trinken noch einen Espresso und nutzten den Wind, um in flottem Tempo auf dem nördlichen Mainufer bei Unterquerung weiterer massiver „Freeway“-Bauwerke (A671, Opelbrücke in Flörsheim, A3 nebst Schnellbahntrasse, B40 vor Sindlingen) nach Westen zu rollen.

Kurz vor Griesheim Sperrung des Mainuferwegs: ein kleines handbemaltes Holzbrettchen weist nach Schwanheim. Da will ich zwar nicht hin, deute dieses Zeichen aber, dank Ortskenntnis, als Umleitungsempfehlung in Richtung Innenstadt. Also zurück, im großen Bogen auf die Brücke und auf der südlichen Mainseite weiter. Kann man so etwas nicht früher ausschildern? Groß und deutlich? Oder habe ich da zwischen der Niddamündung und der Unterfahrung der Schwanheimer Brücke etwas übersehen?

Fazit: Fahren Sie mal in den Südwesten! Es geht voran. Die Groß-Gerauer Kreisrouten sind gut beschildert und für touristische Ausflüge geeignet. Nicht immer ist der direkte Weg ausgewiesen, aber die Streckenführung ist nachvollziehbar. Die Nummern der Routen sind leichter zu merken als wechselnde Zielangaben (die man unter Umständen gar nicht erreichen will – Bahnhof Raunheim, City Rüsselsheim). Und die Beschilderung folgt in ihrer Machart der Wegweisung auf den hessischen Fernradwegen – vielleicht ein erster Schritt zu einer einheitlichen Radverkehrswegweisung in Hessen.

Natürlich ist auch hier nicht alles perfekt. Wegweiser stehen an einigen Stellen etwas unauffällig am Straßenrand, sind nicht auf Anhieb zu erkennen, oder fehlen ganz. An manchen Kreuzungen wären Velo-Piktogramme wünschenswert, um den Verlauf der Route zu bestätigen. Auch die (bisher noch vorhandene) Mischung aus alter und neuer Beschilderung kann für Verwirrung sorgen. Aber all das zeigt nur, dass eine kontinuierliche Weiterarbeit am Thema Radverkehrswegweisung notwendig ist. (ps)

Text und Fotos: Peter Sauer

10. März 2004 ADFC Frankfurt am Main e. V. |