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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Ausgabe 2/1999   Mar. / Apr.


Grenzüberschreitende Reise mit Rad und Bahn

Eine Möglichkeit, das Fahrrad im Zug ins Ausland zu bringen, gibt es: Fahrradversand. Dann braucht man nur noch zu hoffen, daß es ganz und pünktlich ankommt. Möchte man aber einfach eine Radtour mit gelegentlichem Bahntransport erweitern, sind die Grenzen schnell gesetzt. Innerhalb Deutschlands geht das gerade so, in Spanien mäßig, in Frankreich fast überhaupt nicht. Diesmal sollte es aber bis Südspanien und zurück in nur 10 Tagen gehen, was tun?

Der Kauf eines Faltrades stand schon länger an, und vor Weihnachten war es dann soweit. Gekauft wurde ein Produkt aus südhessischen Erfinderwerkstätten. Nach zweimaligem Zusammen- und Aufklappen stand fest: es geht wirklich ganz einfach und in wenigen Sekunden, und der Fahrspaß war sofort vorhanden – stabil und schnell wie ein Großes. Und schon ging es los: Rucksack packen, Interrail-Ticket kaufen (kostet stolze DM 700,- für Erwachsene für die Zonen Frankreich und Spanien), Mannheim – Karlsruhe – Straßburg – Lyon – in keinem der unterschiedlichen Züge gab es Platzprobleme, kein Mitreisender wurde belästigt. Und war es mal zu weit bis zum nächsten Bahnsteig, so wurde das Rad schnell aufgeklappt und gefahren. In Lyon fand sich dann gleich eins dieser gemütlichen, typisch französichen Hotels, in denen die Blumentapete auch über die Zimmertür geklebt ist. Leider erwies sich der Hotelier als mißtrauisch gegenüber dem Faltrad, und so mußte das gute Stück in einem lausigen Keller übernachten. Am nächsten Tag durfte es aber diese schöne Stadt bei bestem Wetter durchfahren. Beim Museumsbesuch wurde es einfach hinter der Kasse deponiert. Mit dem Zug ging es weiter bis Montpellier und von dort am Meer lang – ahh, endlich am Meer – durch Sete, Agde und am Canal du Midi entlang bis Béziers. Hier muß gesagt werden, daß der Rucksack das Fahrverhalten nicht beeinträchtigt hat. In Béziers mußte das Rad wieder im Hotelkeller schmachten, aber am nächsten Tag in Barcelona wurde der Hotelier gleich vor vollendete Tatsachen gestellt: das zusammengefaltete Rad wurde demonstrativ in der Hand behalten, und diesmal durfte es mit aufs Zimmer. Doch oh Schreck, was war das? Peinlich, ein paar völlig verdreckte Finger nehmen den Hotelschlüssel entgegen, und hier taucht ein Problem auf, an das noch keiner gedacht hatte: auch ein Faltrad wird mal schmutzig. Das Problem löste sich ganz einfach mit dem Kauf eines Mikrofaserhandschuhs in der Autoabteilung. Mit wenig Wasser kriegt man da alles weg, auch im Hotelzimmer. Aber was aus dem Handschuh kam, hätte eigentlich entsorgt werden müssen!

Die Stadtrundfahrt fand wieder bei klarstem Himmel statt, und in Fußgängerzonen und Parks zeigte sich ein weiterer Vorteil des kompakten Rades: Fußgänger fühlen sich nicht belästigt. Man wird allerdings häufig auf das Rad angesprochen, und so ergab sich so manche interessante Unterhaltung.

Per Zug ging es weiter bis Alicante und von dort radelnderweise am Meer entlang. Vor diesen Küstenstraßen muß gewarnt werden. Sie sind stark und schnell befahren, und man muß durch manchen Tunnel. Trotzdem ist Spanien als Radelland sehr zu empfehlen, und im Landesinneren ist es nicht weniger schön als an der Küste. Bis Altea ging die Fahrt, dort wurde mit Bekannten Sylvester gefeiert, und zwar ein paar Tage zuviel. So war hier Endstation, die Zeit reichte nur noch für die Rückfahrt. Es folgten noch zwei schöne Touren in Valencia und durch die Albufera de Valencia (ein Süßwasserseengebiet am Meer) und schon ging es in einem Rutsch nach Frankfurt zurück.

Die Idee mit dem Interrail-Ticket war nicht schlecht, aber für so eine lange Strecke braucht es doch mehr Zeit, und die verbringt man sicherlich besser auf dem Rad als in Zügen, die in der Saison immer überfüllt sind. Die neugewonnene Mobilität mit dem Faltrad war aber die schönste Erfahrung. Hier tun sich ganz neue Perspektiven auf: es läßt sich immer und einfach überall mitnehmen (auch wenn man kein Auto hat), und lange Radtouren braucht man nicht zu scheuen. Doch sollte rechtzeitig überlegt werden, ob es nicht sinnvoller ist, Sherry und Wein erst zu Hause zu kaufen. (ms)

frankfurt aktuell 2/1999 (1999217)   © Copyright 1999 by ADFC Frankfurt am Main e.V.
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