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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Durch Hunsrück und Eifel

Bahntrassenradwege, Teil 3

Anfang September war es soweit: Die schon im Frühjahr letzten Jahres geplante Hunsrück-Eifel-Wochenendradtour mit dem thematischen Schwerpunkt Bahntrassen hat endlich stattgefunden. Aufhänger der Tour war die Eröffnung des Ruwer-Hochwald-Radwegs im Mai letzten Jahres.

Mit diesem Lückenschluss ist es nun möglich, sechs Bahntrassenradwege zu kombinieren, darunter vier von bundesweit 21 der höchsten Kategorie gemäß der Klassifizierung von Achim Bartoschek auf seiner Internetseite www.bahntrassenradeln.de (siehe dazu auch Frankfurt aktuell Nr. 6/2006 und Nr. 5/2008 ). Auch wenn die Radwege sämtlich auf ehemaligen Bahnstrecken verlaufen, so hat doch jeder seine eigene Prägung. Aber der Reihe nach.

Unser erstes Quartier in Pfalzfeld
Foto: Christian Martens

Startpunkt am späten Freitagnachmittag ist Boppard. Von dort aus geht es zunächst steil bergan nach Emmelshausen. Dort beginnt der Schinderhannes-Radweg, der meinen Weggefährten Kevin und mich bis nach Simmern führen wird. Den sportiven Auftakt hätten wir auch umgehen können, denn die Stichstrecke von Boppard bis nach Emmelshausen wird von der Bahn noch bedient. Stilecht quartieren wir uns in Pfalzfeld in einem Eisenbahnwaggon ein (www.bahnhof-pfalzfeld.de). Auch das Frühstück gibt es in einem stillgelegten Waggon direkt mit Blick auf den Radweg. Da fängt es doch gleich an zu kribbeln.

Bis Simmern geht es gemächlich bergab mit herrlichen Ausblicken zu beiden Seiten. Die neumodischen Landschaftsmarken, sprich Windräder, verdeutlichen uns auch, dass wir nicht geradlinig unterwegs sind, sondern uns unserem Zwischenziel in weit ausholenden Schlangenlinien nähern. Dort wollen wir auf den Rhein-Hunsrück-Radweg wechseln. Der lässt sich aber leider als klassischer Radweg mit mangelhafter Beschilderung nur schwer finden. Mir würde ja alternativ die Strecke der Hunsrückbahn ganz gut gefallen, aber da haben Museumseisenbahner ihre Hand drauf, die lieber mit einem Schienenbus durch die Landschaft zuckeln. So schlagen wir uns, mit häufigen Unterbrechungen zum Studium der Karte, auf eigene Faust bis nach Bernkastel-Kues durch. Die dortigen Touristenmassen lassen uns unseren Hunger schnell vergessen und wir starten durch bis Lieser, um uns dort für den Eifelaufstieg zu stärken. Der Maare-Mosel-Radweg, der von Lieser bis nach Daun führt, ist der steilste Bahntrassenradweg unserer Tour, obwohl die Eisenbahningenieure damals schon tief in die Trickkiste mit Viadukten und Tunneln griffen. Das verleiht dem heutigen Radweg seinen besonderen Reiz. Im oberen Bereich ist ein Eisenbahnlehrpfad hinzugekommen. Dort stehen etliche Signale mit Erklärung am Wege.

Am Abend in Daun rechnen wir mit nichts Bösem, aber die Stadt ist Gastgeberin eines großen Mountainbike-Events inklusive Nachtrennen. Wider Erwarten bekommen wir doch noch zwei Betten, und die ungemütliche Vorstellung, noch über den Berg nach Gerolstein radeln zu müssen, ist schnell vergessen, während wir uns an einer üppigen Pizza gütlich tun. Unsere Trekkingräder übernachten derweil zwischen lauter Schlammboliden.

Am nächsten Tag wartet dann zum Frühstück der schon erwähnte Berg darauf, von uns erklommen zu werden. Sodann führt uns unser Weg entlang der Kyll wieder in Richtung Mosel. Der Kyllradweg ist nun kein ausgesprochener Bahntrassenradweg, sondern erfordert auf dem Abschnitt zwischen Kyllburg und Philippsheim sogar sportlichen Ehrgeiz. Wer den nicht hat, kann den Abschnitt aber auch mit dem Zug absolvieren, der dort erstaunlich oft unterwegs ist. Als Schmankerl gibt es zwei Eisenbahntunnel, die man als Radler neben dem vorhandenen Gleis durchquert. Was uns auch überrascht: Man kennt dort Ebbelwoi, nennt ihn aber Viez.

Laut Karte muss man irgendwie von Trier-Ehrang aus, wo die Kyll mündet, direkt neben der B 52 die Mosel überqueren können, aber wir finden die Auffahrt zum Radstreifen nicht. Durch den Umweg bis zur nächsten Brücke sehen wir dann doch noch ein bisschen mehr als gedacht von der Mosel, bevor wir uns wieder in den Hunsrück aufmachen. Der eigentliche Anlass der Tour liegt vor uns. Achtundvierzig Kilometer geht es ab dem Ort Ruwer mit sehr leichter Steigung im Tal der Ruwer hoch nach Hermeskeil. Vierhundert Höhenmeter werden so erklommen, ohne dass man sie richtig mitbekommt. Viele junge Familien mit Anhänger, Laufrad und Kinderrad sind hier unterwegs, und regelmäßig erklingt die von den Eltern mehr oder weniger genervt vorgetragene Ermahnung, rechts am Rand des Weges zu fahren. Das kenne ich hinreichend aus eigener Erfahrung. Heute kann ich es gelassen nehmen. Für alle Downhillradler gibt es wohl einen Fahrradbus Türkismühle-Hermeskeil-Trier parallel zum Radweg. Der Radweg selbst führt über weite Strecken durch Waldgebiete. Deshalb fehlt es ein wenig an Abwechslung beim Betrachten der Landschaft. Vielleicht schlägt bei dieser Einschätzung aber auch das Wetter zu sehr auf die Stimmung. Einsetzender Nieselregen durchkreuzt unseren Plan, bis nach Hermeskeil zu fahren, um dort ein Nachtlager zu suchen: Da in Kell am See das Hotel direkt am Radweg liegt, ist der Durchhaltewille schnell gebrochen. Die Entscheidung für das Hotel Zur Post erweist sich aber auch unabhängig vom Regen als Glücksgriff (www.postkueche.de) .

Kevin in voller Fahrt neben der Draisinenstrecke im Glantal

Am nächsten Morgen kämpft sich die Sonne nur mühsam durch den Nebel, aber wir genießen die letzten Kilometer des Ruwer-Hochwald-Radwegs in Erwartung eines schönen Abschlusstages. Hermeskeil wurde dieses Jahr an das saarländische Radwegenetz angeschlossen, und so geht es gut beschildert weiter nach Bierfeld. Auch hier halten die Schienenbusfreunde an den parallel verlaufenden Gleisen fest. Bis Freisen hat man die Wahl zwischen mäanderndem Radweg oder zielstrebiger Straße. Ab dort geht es auf dem ältesten der 21 Bahntrassenradwege höchster Kategorie, dem Fritz-Wunderlich-Radweg, hinab nach Kusel und weiter nach Altenglan (siehe auch Frankfurt aktuell 5/2008). Dort treffen wir auf den Glanradweg, der streckenweise parallel zur Draisinenstrecke verläuft.

Dem Glantal tun wir ein bisschen Unrecht, denn das Wissen um den Zweistundentakt zwischen Bad Sobernheim und Frankfurt im Verein mit dem Rückenwind kitzelt uns, es die letzten 40 Kilometer einfach laufen zu lassen. So haben wir wenig Sinn für die landschaftliche Schönheit. Anderthalb Stunden später fühlen wir uns als große Sieger, denn genau eine Minute vor Abfahrt des Zuges stehen wir auf dem Bahnsteig. Nach 440 Kilometern und diesem Schlusssprint lassen wir die müden Beine erst mal baumeln.

Christian Martens