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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Zwischenzeitlich hat sie geruht. Nun nehmen wir den Faden wieder auf und widmen uns ihr erstmals seit 2015 wieder: der Reihe unserer Porträts, die unsere Aktiven ins Scheinwerferlicht rücken. Wir fügen ihr nun eine weitere Folge hinzu.

Aktivenporträt Theo Sorg

Wo es klemmt, ist er zur Stelle

Bild zum Artikel Theo und seine Frau Annerose auf dem Ruhrradweg. Im Anhänger fährt die Enkelin mit.
Privat

Theo wurde 1948 geboren und lebt seit 1971 in der Kernstadt Bad Vilbels. Vor seinem Gang in den (Un-)Ruhestand war er als Ingenieur der Prozessautomation in leitender Funktion bei einem der großen Anlagenbauer in Frankfurt am Main beschäftigt. Auch Theo gehörte damals zu den Menschen, die sich täglich mit ihrem Auto auf der B3 in die Schlange nach Frankfurt stellten, um dann im Frankfurter Westend nach einigen Runden um die Häuserblocks einen freien Parkplatz zu ergattern.

Irgendwann fragte er sich, ob das so richtig sei, was er da tue: eingesperrt in einer Blechkiste in Zwangshaltung Schwerstarbeit zu verrichten und dabei die Auspuffgase des Fahrzeugs vor ihm einzuatmen. Mit Bus oder Bahn als Alternative brauchte er für den zwölf Kilometer langen Arbeitsweg mehr als doppelt so lang (vorausgesetzt, der Weg mit dem Auto als Vergleichsmaßstab war frei); und preislich attraktiv war die Fahrt mit einem öffentlichen Verkehrsmittel erst recht nicht. Also holte er sein altes Fahrrad aus dem Keller und erweckte es zu neuem Leben. Es war ein altes Neckermann-Fahrrad mit Dreigang-Nabenschaltung. Mit den heutigen, modernen Rädern hatte es nicht viel gemein. So begann Theo seinen täglichen Arbeitsweg zunächst als Schönwetterfahrer. Allerdings änderte sich das bald. Einmal umgestiegen, ließ ihn das Fahrrad nicht wieder los. Er traf morgens viel entspannter in der Firma ein als zuvor und konnte abends auf dem Heimweg sehr gut Stress abbauen. Bald fühlte er sich einfach viel fitter.

Als die Firma nach Heddernheim umzog, sollte der Nidda-Uferweg weitere mehr als 20 Jahre Theos Arbeitsweg sein. Er war zwar geringfügig länger, doch dafür verlief er abseits vielbefahrener Straßen. Er musste sich frühmorgens nicht mehr den berüchtigten Heartbreak Hill (die Frankfurter Straße stadtauswärts) hinaufquälen, und auf dem gesamten Weg gab es nur eine einzige Ampel. Viel besser ging es kaum. Bis auf Ausnahmen hatte sich Theo vom Zwang zum Auto befreit.

Vom Fahrrad zum ADFC kam Theo erst später, denn die "Konkurrenz" schlief nicht. Theo war ehrenamtlich tätig, solange er zurückdenken kann. Zunächst brachte er als Rettungsschwimmer bei der DLRG vielen Menschen – Kindern wie Erwachsenen – das Schwimmen bei. Ob als Jugendvertreter im Sportverein oder als Elternbeirat in Kindergarten und Schule – immer war es ihm wichtig, sich für eine Sache einzubringen. In Bad Vilbel gehörte Theo zu den Mitbegründern der Selbsthilfekontaktstelle Bürgeraktive Bad Vilbel e.V. Anfangs war er auch in dessen Vorstand. Bis heute ist er dort Ehrenmitglied.

Verkehrsprobleme sind eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Man denke an den Lärm, die Abgase und die verstopften Straßen; nicht zu vergessen der Einfluss des motorisierten Individualverkehrs auf den Gang der Klimaveränderung. Zur Lebensqualität trägt das alles nicht bei. Wo es stattdessen hinführt, konnte Theo bei seinen Auslandseinsätzen in großen Metropolen wie São Paulo, Teheran, Kuala Lumpur, Neu-Delhi oder auch Paris und Wien sehen. Wie es viel besser gehen kann, erlebte er in Curitiba, der Hauptstadt des Bundesstaats Paraná in Brasilien. Das Rede Integrada de Transporte (das integrierte Transportnetz) mit dreigliedrigen Bussen und Haltestellenröhren aus Plexiglas beeindruckte ihn zutiefst. Autofreie Straßen und Plätze in der Innenstadt luden zum Verweilen ein, und so fand dort das pralle Leben statt.

Schon im Ruhestand, trat Theo 2015 dem ADFC bei und engagiert sich seitdem dort ehrenamtlich – wenn auch nicht mehr im Rahmen eines Vorstandspostens. Das sollen Jüngere machen, wie er sagt. Wo es klemmt, da hilft er. Und noch einmal O-Ton Theo: "Wir müssen den Radverkehr als gleichberechtigtes Verkehrsmittel weiterbringen. Wenn wir in Zukunft noch Auto fahren wollen, müssen wir vermehrt das Fahrrad nutzen."

Was bleibt neben dem Fahrrad als Kristallisationspunkt von Theos ehrenamtlichem Engagement? Zusammen mit seiner Frau hat er das Reisen mit dem Fahrrad entdeckt, und da die beiden ein sehr unterschiedliches Tempo fahren, haben sie sich für ein Tandem entschieden. Genussradeln entlang der Flüsse, das ist ihr Ding.

Ute Gräber-Seißinger