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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Li

Viel kürzer kann man eine Überschrift nicht machen. Dennoch handelt es sich bei "Li" um ein Längenmaß, ein uraltes chinesisches. Es beträgt im Durchschnitt etwa 500 Meter, es können aber auch mal 644,4 Meter oder 447,19 Meter oder 575,5 Meter sein. Wie das?

Nun - schon die alten Chinesen haben bemerkt, dass es sich bergauf sehr viel beschwerlicher und langsamer geht als bergab. Auch die Beschaffenheit des Geläufs hatte durchaus erheblichen Einfluss auf die Strecke, die man pro Stunde zurücklegen konnte. Also lag es nahe, Streckenlängen nicht mit einem Einheitsmaß zu bestimmen, sondern variabel: ein Li musste in der Ebene eben länger sein als am Berg. Die Li's waren dehn-und stauchbar je nach Beschaffenheit des Weges und den geographischen Gegebenheiten.

Auch hierzulande findet der erfahrene Reiseradler oder Wanderer mitunter an Wegesrändern oder im Wald oder in Straßengräben alte steinerne Wegweiser, auf denen Entfernungen zum nächsten Ort in Stunden eingemeißelt sind. Man achte einmal gezielt auf solche Zeugen aus der Vergangenheit - sie stammen alle aus den schrecklichen, den radlosen Zeiten. Das sieht man daran, dass man mit dem Fahrrad selbst ohne GPS immer sehr viel schneller am Ziel ist als auf den Wegweisern steht.

Sind die Li's also für Radfahrer sinnlos?

Durchaus nicht. Wenn ich von meinem Zuhause mit dem Rad auf den Feldberg im Taunus fahre, sind es 16,5 Kilometer und genau 700 Höhenmeter. Das sind für mich gefühlte 60 Li durch den Wald. Auf der Straße würde ich einen Zuschlag von 20 Li wegen des Autoverkehrs machen. Vom Feldberg nach Hause jedoch sind es mal eben gefühlte 6 Li - durch den Wald wohlgemerkt.

Nun stelle man sich einmal Folgendes vor: Es gibt unzählige Chinesen mit Fahrrad - immer noch, trotz der Autos. (Allein in Peking beträgt die Anzahl der Räder mehrere Millionen.) Wenn die jetzt den Taunus als Urlaubsziel entdecken sollten, müssten alle Wegweiser zweisprachig, deutsch und chinesisch, werden. Und wer müsste sich darum kümmern? Unser lieber Vereinskamerad Stefan Pohl natürlich, wer sonst! Aber beim Abmessen in Li würde ich ihm helfen; ich habe ja schon meine Erfahrungen mit dem Feldberg.


Wer es genauer wissen will, schaue hier nach:
www.sprache-physik.de/html/body_leseprobe_ii.html

Günther Gräning