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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Falschparken auf Radwegen – so kann es nicht weitergehen!

Bild zum Artikel Kaum sind die Hütchen weg, geht es ratz fatz: Radstreifen zugeparkt, Radfahrer müssen auf die Fahrbahn ausweichen, auf der nicht einmal Tempo 50 eingehalten wird.
Foto: Verkehrs-AG ADFC Frankfurt

"Die Radfahrer sollen sich nicht so anstellen – ich stehe hier doch nur 2 Minuten" – der gängige Spruch des Radwege-Falschparkers beim Brötchenholen. Dabei sind die, die wirklich nur 2 Minuten da stehen, noch die harmloseren Fälle. Die Fahrer der notorischen Paket-Sprinter auf den Schutz- und Radstreifen sind gar nicht am Wagen, sondern verteilen mit der Sackkarre ihre Fracht, und das dauert dann locker 20 Minuten.

Insbesondere Radstreifen werden ohne Unrechtsbewusstsein zu Ganztags-Parkplätzen umgewidmet – sie sind oft schön breit, und man behindert keine anderen Autofahrer – also seinesgleichen, sondern nur die "blöden Ökos auf ihrem Drahtesel", und wen interessieren die schon?

Auch die Ordnungshüter haben meistens wenig Neigung, gegenüber Falschparkern auf Radwegen mehr zu tun als Knöllchen zu schreiben, wenn überhaupt. In den Augen so mancher (Ordnungs-)Polizisten behindert der Falschparker auf dem Radstreifen nicht den Verkehr, denn Verkehr ist gleich Autoverkehr. Abschleppen ist also unverhältnismäßig. Und außerdem: "ja wo sollen sie denn sonst parken?"

Von alleine wird's nur schlimmer – Rad-Infrastruktur komplett in Gefahr!
Es gibt Entwicklungen, die Verkehrspolitiker nicht beeinflussen können. Dazu gehört das Wachstum von Metropolen wie Frankfurt. Jährlich wächst die Bevölkerung um mehr als 10.000 Personen, die Polizei zählte von 2016 auf 2017 gar einen Zuwachs der in Frankfurt gemeldeten Kraftfahrzeuge um 7.000 (in Worten: siebentausend!). Noch schneller als Bevölkerung und Sozialprodukt wächst der Lieferverkehr, denn der Internethandel vergrößert ständig seinen Marktanteil.

Dies sind objektive Prozesse, und dass dadurch der Druck auf den öffentlichen Raum wächst, ist vorhersehbar. Jeder irgendwie für ein Auto zugängliche freie Quadratmeter ist potenzieller Parkplatz (siehe auch Foto Seite 11) – legal, illegal, scheißegal! Wenn die Kommune tatenlos zusieht, wird das Problem von Jahr zu Jahr krasser – ganz von allein. Die gesamte Markierungs-Infrastruktur für den Radverkehr ist in akuter Gefahr!

Es hatte durchaus seinen Grund, warum Verkehrsplaner ab den 90er Jahren den Radverkehr teilweise von den Bordsteinradwegen auf die Fahrbahn verlagerten – bessere Sichtbarkeit, schnelleres Vorwärtskommen, direktere Kreuzungsquerung. Nur – ein zugeparkter Schutz- oder Radstreifen nützt gar nichts. Er zwingt den Radfahrer entweder zum riskanten Ausscheren auf die Fahrbahn oder gleich auf den Bürgersteig, zum Ärger der Fußgänger. Das werden viele nicht mehr lange mitmachen, andere fangen deshalb erst gar nicht mit dem Radfahren an. Und dann ist das schöne Radverkehrswachstum, für das sich Städte wie Frankfurt gern selbst loben, in Gefahr!

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links: Nimm das, Drahteseltreter! Wir von Enterprise sind halt konsequent, den Fußweg parken wir gleich auch noch zu!
rechts: Was nützt dieser ­Radstreifen noch? Nichts! Null!
Fotos: Foto AG ADFC Frankfurt

Was hilft: physischer Radwegeschutz, effiziente Falschparkervergrämung!
Es besteht Handlungsbedarf, und es gibt Handlungsmöglichkeiten! Oft sind sie ganz einfach. Anfang April machten einige ADFCler ein kleines Experiment an dem notorisch zugeparkten Radstreifen an der Obermainanlage (siehe Foto Titelseite): würden sich Autofahrer von harmlosen Hütchen aus Plastik vom Falschparken abbringen lassen? Schnell wurden die Hüte aufgestellt, und dann: eine Stunde warten und beobachten. Und was geschah? Nichts! Eine Stunde lang kein einziger Falschparker! Natürlich fuhren einige KFZ langsam vorbei und die Fahrer guckten irritiert: irgendwas mit dem gewohnten "Falschpark-Platz" stimmte wohl nicht. Aber niemand versuchte, Hütchen wegzunehmen, zu überfahren oder sich dazwischen zu schlängeln, was für geschickte Fahrer durchaus möglich gewesen wäre.

Nach einer Stunde wurde das Experiment abgebrochen und die Hütchen wieder eingesammelt. Resultat: nach nicht einmal zwei Minuten stand das erste Auto, ein Hermes-Kleinlaster, wieder an seinem gewohnten "Parkplatz".

Was lernt man daraus? Wenn die Stadt wirklich die Absicht hat, Falschparken auf Rad- und Schutzstreifen zu bekämpfen, dann kann sie die einfachste, billigste und effizienteste Methode anwenden: das Falschparken physisch verhindern oder wenigstens behindern. Wir reden hier noch gar nicht von raumschaffenden modernen Führungsformen wie der "protected bike lane", sondern nur vom Schutz bestehender Radstreifen, die die einfachen Kriterien der ERA ("Empfehlungen für Radverkehrsanlagen") erfüllen. Das Argument der Stadtplaner, Klemmfixe oder Poller sähen hässlich aus, läuft ins Leere: sehen falsch parkende pechschwarze SUVs und grellgelbe DHL-Sprinter etwa schöner aus?

Niemand stellt Klemmfixe oder Poller zum Spaß auf. Sie erfüllen da ihren Zweck, wo Menschen sonst in Lebensgefahr geraten. Wir sind jetzt in einer Situation, in der es anders nicht mehr geht. Also, Stadt Frankfurt: bitte schnellstmöglich aufstellen, an der Obermainanlage zuerst, dann aber auch anderswo, zum Beispiel am Beginn der Mainzer Landstraße zwischen Taunusanlage und Westendstraße. Das Parken rechts davon muss dann eben entfallen, es gibt genügend Firmenparkplätze und Lieferantenzufahrten.

Diese anzufahren kostet vielleicht Zeit, der DHL-Bote schafft ein paar Lieferungen weniger pro Tag, Amazon und Zalando werden dann etwas teurer – was soll's! Ein Geschäftsmodell, das die Gefährdung von Leib und Leben der Radfahrer mit einkalkuliert, ist nicht akzeptabel – dies sei denjenigen aus dem IHK-Milieu gesagt, die gern vorbringen, Rücksicht auf Radfahrer würde den Wirtschaftsverkehr verlangsamen. Und wenn der Laster dann auf der KFZ-Spur steht, gibt's vielleicht einen Stau, Ärger und Gehupe, aber keinen Unfall. Physischer Radwegeschutz schafft Sicherheit.

Es muss ein Abschlepprisiko geben!
Wenn physischer Schutz nicht möglich ist, muss ordnungspolizeilich vorgegangen werden. Was passiert mit dem privaten Dauer-Falschparker, gern mit großkalibrigem SUV und der Mentalität "mir kann eh keiner"? Momentan hat er völlig Recht mit seiner Kaltschnäuzigkeit! Das Bußgeld ist für jemanden dieses Fahrzeugkalibers lächerlich, und das Risiko, abgeschleppt zu werden, faktisch gleich Null. Solange sich das nicht ändert, wird das Problem immer größer werden. In letzter Zeit kommen auch noch die "Poser" mit ihren röhrenden Boliden dazu, für die demonstratives Falschparken zur Pose dazugehört und die einem Prügel androhen, wenn man sie vom Radweg wegscheuchen will.

Dieser Kategorie bewusster Falschparker ist nur beizukommen, wenn mindestens ein Restrisiko besteht, an den Haken zu kommen und das heilige Blech fern in Unterliederbach gegen saftige Gebühr wieder abholen zu müssen. Knollenverteil-Aktionen bewirken nur dann etwas, wenn die Ordnungsamtsmitarbeiter auch bereit sind, einen Falschparker – wenn er denn nahe beim Auto ist – wirklich wegzuscheuchen, egal ob er mit seiner Lieferung oder was auch immer fertig ist. Derartige Aktionen sind flächendeckend aus Personalgründen gar nicht durchführbar. Sie müssen gezielt und penetrant an besonderen Hotspots durchgeführt werden, dass es sich im "Fahrerlager" herumspricht.

Kapitulieren, Kopf in den Sand? Das geht nach hinten los!
Fazit: Die grassierende Falschparkerei gefährdet die verkehrspolitischen Ziele der Stadt, die dem Radverkehr eine stärkere Rolle geben will, gerade weil Frankfurt wächst, und weil das Fahrrad wenig Platz braucht. Der Druck wächst objektiv, das kann die Verkehrspolitik nicht ändern. Die Stadt kann und muss aber ihre Ziele verteidigen, indem sie Regeln durchsetzt. Baulich-physisch geht das am effektivsten, deshalb sollte dieses Mittel energisch eingesetzt werden. Es muss das Signal gesetzt werden: Frankfurt kapituliert nicht vor dem Falschparkerproblem!

Bertram Giebeler