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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel Die Trennung zwischen Rad- und Fußgängerweg auf dem RS1 kommt bei allen gut an.
AGFS / Peter Obenaus

Schnell und direkt durch die Wetterau

Wie man den Norden von Frankfurt aus einfach, kostengünstig und schnell an das geplante Radschnellwegenetz dse Rhein-Mains-Gebiets anschliepen kann.

Nachdem zuvor Paul van de Wiel (ADFC Hessen), Detlef Ulherr (ADFC Friedberg/Bad Nauheim) und Christian Euler (ADFC Bad Vilbel/Karben) gemeinsam Überlegungen angestellt hatten, wie man denn die schöne Wetterau in das geplante Radschnellwegenetz im Rhein-Main-Gebiet integrieren könnte, sollte es nach fast 3 Jahren seit dem ersten Gedanken daran am 13.02.2019 im Haus der Begegnung in Bad Vilbel zu einem ersten organisierten Treffen von ADFC-Aktiven aus der Wetterau und Frankfurt kommen, um die Idee einer Radschnellverbindung von Frankfurt in die Wetterau zu entwickeln.

Die Idee einer schnellen und direkten Radwegeverbindung von Frankfurt über Bad Vilbel, Karben, Wöllstadt, Friedberg bis nach Bad Nauheim, und der Option einer späteren Verlängerung bis nach Butzbach und Gießen war geboren, dazu mit Anschlüssen von Ober-Mörlen und Wölfersheim bis nach Bad Nauheim, von Rosbach bis nach Wöllstadt und von Nidderau über Schöneck und Niederdorfelden bis nach Bad Vilbel (siehe Grafik). So wäre eine durchgehende Nord-Süd-Achse durch die ganze Rhein-Main-Region von Darmstadt über Frankfurt bis Bad Nauheim und eventuell sogar Gießen verwirklicht, die in den bisherigen Planungen des Regionalverbandes FrankfurtRheinMain noch keine Berücksichtigung gefunden hat. Dass bislang keine Überlegungen von Seiten der Kommunen in der Wetterau, des Wetteraukreises sowie des Regionalverbandes angestellt wurden, verblüfft – zumal das südliche Pendant von Frankfurt nach Darmstadt seit Jahren mit erheblichen Ressourcen, wenngleich auch mit einigen Anfangsschwierigkeiten vorangetrieben wird.

Ein Radschnellweg ist in erster Linie für den Alltagsradverkehr gedacht, lädt aber genauso alle Radfahrenden zwischen 8 und 88 Jahren zum stressfreien und entspannten Radeln ein. Für die landschaftlich schöne Wetterau käme eine radtouristische Bedeutung quasi als Nebeneffekt dazu.

Die Merkmale eines "Radschnellweges" in der hessischen Variante sind nach den seit 2017 im Gange befindlichen Arbeiten des Arbeitskreises Nahmobilität und des Fachausschusses Radschnellverbindungen in etwa wie folgt zusammenzufassen:

  • direkt (= kürzeste und beste Verbindung)
  • regelmäßig vom Kfz-Verkehr getrennt, auf eigenen Wegen geführt und somit auch für Schulkinder und Senioren "angst- und stressfrei" nutzbar
  • weitgehend kreuzungsfrei und/oder vorfahrtberechtigt
  • steigungsarm
  • (durchgängig) beleuchtet
  • ausreichend breit für Begegnungsverkehr und Überholvorgänge (für Radfahrer und Fußgänger)
  • Belag mit sehr guten bzw. guten Rolleigenschaften

Warum sollte so etwas nicht auch für den Frankfurter Norden und die Wetterau möglich sein, wenn eine Radschnellverbindung in den Süden (hoffentlich) alsbald realisiert wird?!

Was es bislang an Projektideen gibt, ist die sogenannte "Kurze Wetterau". Die ist seit einigen Jahren im Gespräch, allerdings nicht in der Ausbauvariante Radschnellweg. Das Projekt schleppt sich leidlich dahin. Wesentliche Idee dahinter ist eine "Straffung" des Niddaradweges, etwa an den vielen Niddaschleifen (etwa bei Karben und Bad Vilbel), durch Etablierung von Abkürzungen. Allerdings fließt die Nidda weder durch Friedberg noch durch Bad Nauheim und Butzbach. Bereits vor Wöllstadt biegt sie nach Nordosten ab. Erforderlich ist also im nördlichen Teil der angedachten "Kurzen Wetterau" eine eigenständige Routenführung. Auf Kreisebene laufen Planungen zusammen mit einem Planungsbüro aus Gießen. Ein wesentliches Manko der "Kurzen Wetterau" ist aber, dass diese am alten Rathaus in Bad Vilbel enden soll, also schon gar keine Verbindung weiter nach Frankfurt geplant wird. Ein weiterer erheblicher Nachteil ist, dass hier die Kriterien eines Radschnellweges oder auch nur der niedrigeren Ausbauvariante Raddirektverbindung, die in den Planungen des hessischen Verkehrsministeriums zu einem Radhauptroutennetz zwischen Ober- und Mittelzentren eine wesentliche Rolle spielen, auf der ganzen Strecke der "Kurzen Wetterau" nicht erfüllt werden.

Der Gedanke ist also, unabhängig davon eine Radschnellverbindung Frankfurt – Wetterau auszuarbeiten, mit den oben genannten Merkmalen, die bei der "Kurzen Wetterau" teilweise aufgrund der vorhandenen Streckenführung, teilweise aufgrund finanzieller Ausstattung und nicht zuletzt auch aufgrund anderer Zielrichtung nicht realisierbar sind. Die hauptsächliche und der bisherigen Planung zur "Kurzen Wetterau" überlegene Konzeptidee ist, die Streckenführung der Radschnellverbindung Frankfurt – Wetterau (größtenteils) vis-à-vis der Ausbaustrecke der Main-Weser-Bahn, also der Schnellbahnlinie S 6 verlaufen zu lassen. Diese Streckenführung erfüllt auf ideale Weise die wesentlichen Kriterien einer Radschnellverbindung, denn sie ist direkt, steigungsarm und (weitgehend) kreuzungsfrei. Mit dem Ausbau der seit 1849 existierenden Main-Weser-Bahn zwischen Frankfurt und Friedberg eröffnet sich nach 170 Jahren eine geradezu historische Chance, einen Meilenstein für die Zukunft umweltfreundlicher individueller Mobilität in der Wetterau zu schaffen. Die Distanz in Bahn-Streckenkilometern zwischen Bad Nauheim und der Aufruf­schranke vor der A 661 zwischen Frankfurt-Eschersheim und Frankfurter Berg – sozusagen dem Kernstück der Radschnellverbindung – ist mit 28,5 Kilometern sogar etwas kürzer als das Pendant der Strecke nach Darmstadt und somit geradezu ideal für den Alltagsverkehr. Sowieso zu realisierende Wirtschafts-, Rettungs- und Revisionswege neben den beiden neu zu errichtenden Bahntrassen könnten in Abstimmung mit der Deutschen Bahn für den Radschnellweg genutzt werden. Dies vergünstigt die für einen Streckenkilometer geschätzten Baukosten von bis zu einer Million Euro erheblich, wiewohl die Kosten für den Radwegeausbau im Vergleich zu Infrastrukturkosten für Schiene und Kfz "Peanuts" sind. Auch hinsichtlich der geradezu billig zu habenden Infrastruktur von gerade mal 25 bis 30 Millionen Euro – dafür hat man in Frankfurt unlängst gerade einmal 2 oberirdische Straßenbahnhaltestellen der U5 umgebaut bekommen – erstaunt die Passivität von Seiten der Politik. Aber das wird sich aufgrund der Ideen des ADFC-Arbeitskreises, so bleibt zu hoffen, nun ändern.

Von Vertretern der DB Netze AG, die für den Ausbau der Main-Weser-Bahn verantwortlich ist, gab es schon vor geraumer Zeit sehr positive Rückmeldungen auf diese Idee. Entlang der Bahnhöfe und Haltestellen der Main-Weser-Strecke gilt es, die intermodalen Verknüpfungen durch den Bau von Fahrradparkhäusern zu verbessern. Diese gehören genauso zu einer modernen Radinfrastruktur wie etwa Radservice-Stationen mit Luftpumpe und Reparaturwerkzeug, Pedelec-Ladestationen und Radzählstationen.

Wie das am Ende aussieht, kann man heute schon auf bereits verwirklichten Streckenabschnitten des deutschlandweit ersten Radschnellweges RS 1 bestaunen.

Für einzelne Streckenabschnitte bestehen bereits sehr konkrete Gedanken zu möglichen Trassenführungen. Die nächsten Treffen des neu gegründeten Arbeitskreises Radschnellweg Frankfurt – Wetterau werden genutzt, um dem Kontur zu geben.

Unsere Aufgabe wird es auch sein, die verschiedenen Akteure aufgrund der Zuständigkeitszersplitterung bei der Entwicklung überörtlicher bzw. regionaler Radinfrastruktur zusammen und (!) auf einen Nenner zu bringen. Bei der Radschnellverbindung Frankfurt – Darmstadt wurde die Regionalpark Südwest GmbH mit der Umsetzung beauftragt. Immerhin ist ein erster Spatenstich dabei bis zur letzten Landtagswahl herausgekommen. Professionelle Strukturen können also bei der Realisierung helfen, diese sind auch in der Wetterau anzustreben. Manchmal bedarf es eines Anstoßes von außen bei Behörden und politischen Entscheidungsträgern. Die Initialzündung dazu übernehmen wir gerne.

Klar ist, dass ohne progressive Konzepte und eine baldige Umsetzung dieser Konzepte keine nachhaltige Verbesserung und Veränderung der (Nah-) Mobilität zu erreichen sein wird. Über den Fortgang berichtet die Arbeitsgemeinschaft Radschnellweg Frankfurt – Wetterau gerne in einer weiteren Ausgabe von Frankfurt aktuell.

Christian Euler
Verkehrspolitischer Sprecher des
ADFC Bad Vilbel e. V.