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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel links: Sperrung Landschaftsbrücke: Durchfahrt verboten – und nun?
Jochen Waiblinger
rechts: Die Landschaftsbrücke – und die alternativen Routen während ihrer Sperrung
Quelle: www.bad-vilbel-baut.de

Bad Vilbel baut

Freud und Leid für die Radelnden – Umleitungen beschildern und sicher gestalten!

Es könnte ja alles so schön sein. Ich lebe in einer Gemeinde, die ein Radwegekonzept hat und die dieses Jahr richtig viel Geld für den Radverkehr in die Hand nimmt. Dabei helfen auch verschiedene Landestöpfe, nicht nur die Beihilfen für den inzwischen im Zug der Coronakrise abgesagten Hessentag.

Gerade ist die Erneuerung des stadtseitigen Rad- und Fußwegs an der Nidda in Gang, die auf jeden Fall in baulicher Hinsicht eine deutliche Verbesserung gegenüber dem bisherigen, stark in die Jahre gekommenen Weg darstellt. Und im Mai soll ein weiteres Stück des Nidda-Radwegs, die Buckelpiste zwischen Dortelweil und dem Bahnübergang nordöstlich der Nidda, asphaltiert und verbreitert dem Rad- und Fußverkehr übergeben werden. Auch ein 730�Meter langer "Naturweg" an der B 3 zwischen Dortelweil und Massenheim wurde für den Rad- und Fußverkehr sowie die Landwirtschaft neu asphaltiert und mit Bankette versehen. Und schlussendlich soll im Sommer ein neuer, sich breit durch verschiedene Neubauprojekte schlängelnder Rad-/Fußweg im Quellenpark (östlich der B 3) eröffnet werden. Dies, zusammen mit diversen Markierungen von Radwegen und -übergängen in Rot und der Freigabe einiger Straßen zum Radeln gegen die Einbahnstraße sind richtig gute Fortschritte für den Radverkehr, die ich hier ausdrücklich loben will und über die ich mich freue.

Allerdings: Was mich immer wieder ärgert, ist die städtischerseits anscheinend unterentwickelte Erkenntnis, dass das Fahrrad ein alternatives Verkehrsmittel und nicht nur ein Freizeitgerät ist. Dieses Manko zeigt sich immer wieder bei den vielen Baumaßnahmen in der größten Stadt der Wetterau, die besonders häufig, aber nicht ausschließlich, Kinder und Jugendliche auf ihrem täglichen Weg zur Schule behindern oder gefährden.

Betrachten wir zuerst die primäre Radverbindung zwischen Dortelweil und dem Schulzentrum in der Kernstadt – Grundschule, Haupt- und Realschule und Gymnasium. Im letzten Jahr wurde die Route durch den noch kaum bebauten Quellenpark wegen Bauarbeiten um rund 250 Meter nach Norden verlegt und dafür auch ein Teilstück neu angelegt. Das war gut. Aber seitdem krochen die Baustellen und Erschließungsarbeiten von zwei Seiten her auf diesen Weg zu … und damit auch erhebliche Mengen von Baufahrzeugen mitgebrachten Erdreichs.

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links: Kreuzung an der Nordumgehung am Ortsrand Massenheims
rechts: Gronauer Weg: Durchfahrt verboten – ohne Vorwarnung
Jochen Waiblinger

Wer erinnert sich nicht an die regenreichen Monate Dezember und Februar? Nach diversen medial begleiteten Protesten wurde die zentrale Verbindung über die Landschaftsbrücke – die einzige Querung der Nordumgehung Bad Vilbels – Anfang März für die Dauer von drei Monaten gesperrt! Gleichzeitig wurden zwei weitere Verbindungen zwischen Dortelweil und Massenheim bzw. der Kernstadt für drei bzw. fünf bis sechs Wochen gesperrt.

Als Alternative 1 (Bildmitte, grün markierte Strecke in der Grafik oben rechts) wurde von der Stadt der Rad-/Fußweg an der von Pendelnden stark frequentierten Friedberger Straße angeboten. Dies allerdings nur auf der Website der Stadt (www.bad-vilbel-baut.de, Baustellenfinder). Direkt vor Ort hingegen begnügte sich die Straßenverkehrsbehörde damit, ein Schild "Durchfahrt verboten" aufzustellen.

Die angesprochene Alternativstrecke ist etwas länger. Doch nicht nur das: Von Dortelweil aus muss zweimal die Friedberger Straße und einmal die Nordumgehung überquert werden – selbstredend auch während der Rush-Hour; hinzu kommen auf der Friedberger Straße Querungen von Ein- und Ausfahrten vor Einkaufsmärkten und einer Tankstelle, bevor man durch die Unterführung am Bahnhof oder etwas später durch die Unterführung an der Kasseler Straße auf die andere Seite der Gleise gelangt. Die zweite Umleitungsstrecke ist die rund 2,5 Kilometer längere Passage östlich der Nidda (grün markiert, im Bild rechts). Was die Situation davor bewahrte, sich zu einem richtigen GAU (größten auszudenkenden Unfug) zu entwickeln, waren einzig und allein die durch die Coronakrise bedingte Schließung der Schulen und das Kontaktverbot.

Nun ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass in meiner Lebenszeit die drei radverkehrsfreundlichsten Verbindungen zwischen den Stadtteilen oder aus der Stadt heraus ein weiteres Mal allesamt zur gleichen Zeit erneuert oder gesperrt werden (außer vielleicht für den Fall, dass der Hessentag 2025 in Bad Vilbel stattfinden wird). Nichtsdestoweniger ist es äußerst betrüblich, zuweilen auch gefährlich, wenn bei der Einrichtung von Baustellen Überlegungen zugunsten der Sicherheit des Radverkehrs dem heiligen St. Sachzwang zum Opfer fallen. Zwei weitere Beispiele mögen dies illustrieren.

Die eingangs erwähnte neu asphaltierte, 730 Meter lange Passage zwischen den Stadtteilen Dortelweil und Massenheim endet an einer Kreuzung der Nordumgehung (L 3008), die morgens zu Schulbeginn sehr stark vom Kfz-Pendlerverkehr genutzt wird. Der Ampeltakt ist auf einen möglichst gleichmäßig fließenden Autoverkehr ausgerichtet. Und so dauert es recht lange, bis die Schülerinnen und Schüler hier weiterkommen, egal ob sie einfach warten oder ob sie aktiv werden und mittels des ebenfalls vorhandenen Bedarfsknopfs eine Grünphase herbeiführen.

Diese Streckenführung ist bedenklich. Kinder und Jugendliche, die von Dortelweil aus per Rad zur Schule fahren, müssen sich morgens einen Weg durch ein nicht verkehrsberuhigtes Industriegebiet suchen – Radwege gibt es dort leider nicht. Nach der Querung der Nordumgehung müssen sie auf die rechte Seite der Homburger Straße gelangen – einer weiteren vielbefahrenen Ein- und Ausfallstraße –, um sodann den schmalen Gehweg und späterhin (nach der Aufhebung der Radfahrer-frei-Regelung) die Fahrbahn der Homburger Straße zu benutzen. Eine einigermaßen sichere Fahrt zum Schulzentrum ist dies nicht.

Das zweite angesprochene Beispiel betrifft einen beliebten Fuß- und Radweg östlich der Nidda zum Kindergarten, zum Kulturzentrum und zum Restaurantcafé zur Alten Mühle und weiter in die Innenstadt. Dieser Weg war zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels (Stand Ostern) seit zwei Wochen und noch für zwei bis vier weitere Wochen wegen Bauarbeiten gesperrt. Rasch hatte sich ein irregulärer, enger Bypass gebildet. Ergo: kein geordnetes Durchkommen für Radelnde möglich.

Hilfreich wäre hier – und im Autoverkehr ist solches ja durchaus üblich – ein Hinweisschild runde 400 Meter vorher auf der Zufahrtsstraße Gronauer Weg. Dieser wird von vielen aus Richtung Karben kommenden Radelnden benutzt, da er die direkte Fortsetzung der einzigen zurzeit nutzbaren Nidda-Radweg-Variante zwischen Karben und Bad Vilbel bildet. Diese Radelnden könnten dann rechtzeitig zum westlichen Nidda-Ufer überwechseln – statt an der rot-weiß markierten Barriere frustriert umzukehren oder sich durch den engen Bypass zu quetschen. Der Bauleiter vor Ort versprach mir übrigens, ein solches Hinweisschild beim Bad Vilbeler Bauamt zu beantragen. Warum wundert es mich bloß nicht, dass bisher nichts geschah?

Es ist schade, dass ein nachhaltiger Umdenkprozess in Bad Vilbel leider noch nicht überall stattgefunden hat. Es ist ja nicht so, dass gar nichts ginge. Aber Vieles geht halt leider nur durch permanentes Anfragen, Nachfragen, Fordern und Nachbohren. Der große Nachbar Frankfurt ist in den letzten zwei Jahren in Sachen fahrradfreundlicher Verkehrspolitik deutlich weiter vorangekommen.

Jochen Waiblinger