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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Trotz mangelnder Muskelkraft mobil: Freya Linder auf ihrem "Trike"
Foto: Alfred Linder

Herausforderung und Chancen

Nach einem Schlaganfall verhilft Freya ein "Trike"
wieder zu Velomobilität

Während eines Kurlaubs im Juli letzten Jahres in Bad Reichenhall, wo ich einige Jahre meiner Kindheit zugebracht hatte, erlitt ich wenige Wochen vor meinem 70er auf einer Fahrradtour auf gemietetem Pedelec einen leichten Schlaganfall, den wir aber nicht wirklich als solchen erkannten, sondern in einer lauschigen Gaststätte mit Kuchen und einer Tasse Kaffee "auskurierten", um dann die Rückfahrt zum Kurhotel anzutreten. Der nach zwei Stunden eintreffende Kurarzt schickte mich auf direktem Weg ins örtliche Kreiskrankenhaus, wo die besagte Diagnose gestellt wurde und ich drei Tage einquartiert war. Für das dort empfohlene Einsetzen eines Stents in die Carotis fuhren wir umgehend nach Hause und ließen den Eingriff hier im Bethanien machen: mit schlimmer Folge, denn noch während der Operation kam es zum zweiten Schlaganfall, dem im Nordwestkrankenhaus noch am selben Abend ein dritter folgte. Die komplette linke Seite sollte auf Monate gelähmt bleiben; eine neunwöchige Reha und regelmäßige Krankengymnastik brachte immerhin den Erfolg, dass wieder etwas Leben in das linke Bein und den linken Arm zurückkehrte. Per Rollator sind, wenn auch sehr mühsam, kurze Wege zu schaffen, die linke Hand kann gerade mal eine Gabel halten.

Das erst vor zwei Jahren angeschaffte Pedelec steht seit 1 Jahr nutzlos im Stall, ich werde es nie mehr besteigen dürfen, der erste Sturz damit könnte tödlich sein, die gewohnten Bewegungsabläufe sind vergessen. Dabei hatte ich Jahrzehnte lang soweit möglich das Fahrrad als mein Transportmittel benutzt. Diese Freiheit fehlt mir jetzt. Der Heimtrainer kann das Fahrrad auch nicht annähernd ersetzen. Der frische Wind um die Nase, der Blick in die Natur, es bleibt weiter mein Traum.

Also haben wir uns entschlossen, bei MainVelo ein Trike der Firma Hase mit Elektrounterstützung anzuschaffen. Längere Lieferzeit, Wetterschutz, Pedalplatten für tapsige Füße, Umrüsten auf Einhandbedienung: Lenken, Bremsen, Schalten mit der rechten Hand, und ein paar unvorhergesehene Probleme mit dem dafür eigens konzipierten Akku haben den Start stark verzögert. Ohne Akku kann ich auch einen kleinen Anstieg nicht ohne Hilfe Dritter schaffen. Endlich aber seit Mitte August, statt Anfang Juli, parkt das "Häschen" in der Garage. Die erste motorisierte Fahrt nach Sossenheim gelang bestens, sogar die Umlaufsperren konnte ich wider Erwarten meistern. Doch das angesteuerte Café hatte Ferien, also noch drei Kilometer weiter zum Bären nach Höchst. Nach kräftiger Stärkung des Magens wieder aufs Trike. Der Akku zeigte noch zwei Drittel Ladung, aber der erwartete elektrische Rückenwind blieb aus. Meine bescheidene Muskelkraft war gefordert. Nach geschlagenen zwei Stunden waren die zehn Kilometer endlich geschafft und wir daheim, total erschöpft.

Was den Motor geritten hat, uns so zu versetzen, wir wissen es nicht. Nach einer Nacht Ladestation hat das Trike seine Mucken abgelegt und vermittelt nun das Pedelec-typische Verhalten. Es ist unvorstellbar schön, den Radius rund ums Heim so zu vergrößern und den Kontrolleuren des Ordnungsamts vor dem Bockenheimer Wochenmarkt wieder eine lange Nase drehen zu können. Die Linienbusse, denen ich in der Einbahnstraße entgegenfahre, halten sogar an und warten, "bis die Gefahr vorüber ist". Mein Dankeschön dafür wird freundlich erwidert. Aber auch weniger rücksichtsvolle Fahrer der gehobenen Klasse konnte ich schon erleben. Statt neugieriger und freundlicher Blicke auf meinen "Maserati" hagelte es Beschimpfungen, die ich hier nicht wiedergeben möchte, sie waren unterste Schublade. Diese Kameraden werden ihre Bösartigkeit und Rücksichtslosigkeit wohl erst begreifen, wenn sie später einmal gezwungenermaßen auf dem Beifahrersitz Platz nehmen.

All den lieben ADFC-Freundinnen und -Freunden, die uns in der Klinik-Zeit durch Genesungswünsche, Blumengrüße, Krankenbesuche und kompetente Hilfe tatkräftig aufgemuntert haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt!

Freya Linder