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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Theos Kolumne

Männerspielzeug!?

In den meisten Innenstädten wurden die Straßen in einer Zeit gebaut, in der es noch keine Autos gab. Die Menschen gingen zu Fuß. Wenn sie fuhren, geschah dies mit Fuhrwerken oder Kutschen. Die Zugkraft der Pferde und Ochsen begrenzte die Abmessungen der Fuhrwerke. Große und breite Straßen gab es nur zu Repräsentationszwecken des Hochadels, kleiner Fürsten und auch fürs Militär.

Karl Benz meldete 1886 seinen Motorwagen zum Patent an. Als Initialzündung für die Automobilindustrie gilt die Pariser Weltausstellung im Jahr 1889. Frankreich hatte zu dieser Zeit die besten Straßen. Von da an nahm die Verbreitung des Autos seinen Verlauf. Zunächst ging das noch gut. Jedes Auto wurde einzeln angefertigt. Dabei orientierte man sich in Größe und Aussehen an Kutschen. Und nur wenige konnten sich ein Auto leisten. Mit der Einführung der Fließbandproduktion 1913 begann Henry Ford, Fahrzeuge wesentlich preisgünstiger herzustellen. Die Verbreitung des Automobils beschleunigte sich, und Männer hatten fortan ihr Spielzeug.

Der Zweite Weltkrieg bremste diese Entwicklung. Viele Städte fielen in Schutt und Asche. Danach waren Menschen auch wieder unterwegs – zu Fuß oder mit dem Fahrrad, wer es sich leisten konnte, mit der Bahn. Motorräder erlebten einen kurzen Boom und vereinzelt sah man auch wieder Autos.

Man begann mit dem Wiederaufbau. Der Städtebau war (und ist) eine Männerdomäne. Das kam ihnen insofern zupass, sie brauchten für ihr Spielzeug nämlich eines: Platz. Da Vieles sowieso kaputt war, orientierte Mann sich im Straßenbau vorwiegend am Auto. Auch glaubte Mann im Zeichen des Wirtschaftswunders an die autogerechte Stadt. Das ging auch zulasten des Fuß- und des Radverkehrs, denn meistens waren es nicht die Männer, die volle Einkaufstaschen nach Hause trugen oder Kinderwagen quer durch die Stadt schoben.

Und heute? Zu viele und zu große Autos. In den Städten herrschen Stau, Lärm und Gestank. Haben wir uns damit in eine Sackgasse manövriert? Da fahren wir doch wenigstens am Wochenende mit dem Auto ins Grüne – und stehen schon wieder mit Gleichgesinnten im Stau. Am Ziel angekommen, sehen wir uns dann an, wie gerade der letzte freie Parkplatz belegt wird.

Würden Frauen andere Maßstäbe beim Städte- und Straßenbau setzen? Würden sie kleinere und praktischere Autos bauen, nicht diese PS-strotzenden Boliden? Würden sie stärker auf den öffentlichen Nahverkehr und aufs Fahrrad setzen? Oder haben sie gerade das Männerspielzeug für sich entdeckt? Warum denn werden so viele Kinder von Frauen mit SUV zur Kita oder zur Schule gebracht? Es sind nach wie vor meist die Frauen, die das tun. Sind das alles Jägerinnen, Bergbäuerinnen? Oder sind sie Angehörige des Militärs? Wer sonst braucht solche Autos?

Theo Sorg