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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Mit dem Fahrrad durch Frankfurt

Bereits im Jahr 1981 erschien im Ravenstein Verlag ein Fahrrad-Stadtplan. Unter dem Titel "Mit dem Fahrrad durch Frankfurt" war deutlich zu lesen: "Offizielle Karte des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs". In einem blauen Kreis stand "Neu! Mit 75 km-Rundtour". Daraus wurde später die Grüngürtel-Runde. Das Copyright der Karte lag beim Ravenstein Verlag, das "Copyright der radtouristischen Angaben" lag beim ADFC. Der Fahrrad-Stadtplan, mittlerweile vom GeoMap-Verlag herausgegeben, ist jedoch nicht für Radtouristen, sondern für Alltagsradfahrer gedacht.

Kleiner Ausschnitt aus dem Sortiment aktueller und älterer Fahrradkarten für Frankfurt-Rhein-Main
Foto: Peter Sauer

Fahrspaß auf über 1 qm

Überörtliche Radwege. Vor 20 Jahren erschien die Fahrradkarte des Umlandverbandes Frankfurt

Im Jahr 1993 wurde, leise und unauffällig, eine Landkarte veröffentlicht, die für die Rad fahrenden Bewohner unseres Ballungsraums eine kleine Sensation darstellte. Endlich wurden zwischen Mainmündung und bayerischer Grenze und zwischen Bad Nauheim und Egelsbach echte Radverkehrsverbindungen ausgewiesen, auf denen man sich verlässlich fortbewegen konnte. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil für uns Großstädter: Frankfurt lag zentral in der Mitte der Karte.

Landkarten, auch für den Radverkehr, gibt es, seitdem es Fahrräder gibt. Erinnert sei an die über 100 Jahre alte "Strassenprofilkarte für Radfahrer von Frankfurt a/M. u. weit. Umgebung", die wir in Frankfurt aktuell 5/2006 vorgestellt hatten (und die seitdem im Infoladen des ADFC gerahmt und unter Glas hoffentlich weitere 100 Jahre überdauern wird). Im Laufe der Zeit wurden aus den Radfahrerkarten Autofahrerkarten. Unser Auge gewöhnte sich daran, dass rote, orange oder blaue fette Linien (die Linienfarbe unterschied sich von Verlag zu Verlag) Autobahnen und Bundesstraßen darstellten und das Kartenbild beherrschten. Zwischen diesen Hauptlinien gab es eine Vielzahl von schmalen gelben oder weißen Streifen, die uns Hoffnung darauf machten, dass man auf diesen Strecken mit geringer Belästigung durch den Autoverkehr halbwegs passabel per Rad vorankommen könnte. "Maßstab" aller Dinge war die Generalkarte in ihrem gelb-roten Design, in der eine Entfernung von 2&xnbsp;km zu 1&xnbsp;cm Kartenstrecke schrumpfte. Höhenunterschiede im Streckenverlauf waren durch vereinzelte Höhenangaben erkennbar, Steigungen ließen sich anhand kleiner Pfeile entlang der Straßen erahnen.

Mit diesen Karten kam man als Radfahrer durch die ganze Republik, ebenso über die Alpen, durch Frankreich und durch Italien (hier allerdings waren die Autobahnen schwarz angelegt) – die kleinen Nebenstraßen waren überall gelb und weiß. Für Fahrten im dicht besiedelten Ballungsraum jedoch war die Generalkarte untauglich, da vor lauter Autobahnen und Bundesstraßen kaum noch gelbe Linien zu erkennen waren – und wenn doch, konnten sich diese gelben Linien in der Realität durchaus als verkehrsreiche Schnellstraße entpuppen.

In den 80er Jahren erschienen Karten, deren Bild sich unseren Sehgewohnheiten (Orientierung an dicken roten, orangen oder blauen Verkehrsadern) entzog. Autobahnen traten in den Hintergrund, Nebenstraßen wurden hervorgehoben. Farben kennzeichneten nun nicht mehr die Straßenklassen, sondern schlicht die Verkehrsmenge, die auf diesen Straßen zu erwarten war. Knallrot waren Verbindungen, auf denen im Jahresmittel nicht mehr als 1.000 Kfz pro Tag gezählt worden waren – sie galten als geeignet für den Radverkehr. Kaum sichtbar hellgelb waren Straßen, die als "für Radfahrer ungeeignet, über 10.000 Kraftfahrzeuge" eingestuft waren. Der Maßstab war mit 1:100.000 gut brauchbar, Blatt 41 "Rund um Frankfurt" ein Gewinn für jede Tour. Trotz dieses Fortschritts blieb bis dahin das Netz an ausgebauten Feld- und Forstwegen in der Region unzulänglich dargestellt, keine der käuflichen Karten konnte hier überzeugen.

Man griff also zu Wanderkarten, meist im Maßstab 1:50.000, in die Kartographen des Hessischen Landesvermessungsamtes grüne Linien zur Markierung sogenannter Radrouten gezeichnet hatten. In der freien Landschaft stellten sich diese Radrouten oftmals als schlechte Feldwege heraus, auf denen wir mühsam von Dorf zu Dorf holpern sollten. Ein Wege-"Netz" war nicht zu erkennen. Fortschritt war immerhin, dass "Freizeitkarten" herausgegeben wurden, deren Blattschnitt über die Größe der normalen topografischen Karten hinausging, so dass für Tagesausflüge nicht drei oder vier Karten eingepackt werden mussten.

Ausschnitt aus "Überörtliche Wege"
Foto: Peter Sauer

Dann, vor gerade einmal 20 Jahren, kam im Referat Freizeit des damaligen Umlandverbands Frankfurt jemand auf die Idee, das gesamte Verbandsgebiet als Fahrradkarte darzustellen. "Überörtliche Radwege" hieß das Werk, das auf den topografischen Karten im Maßstab 1:50.000 basierte. Die Kartengrundlage war ideal und zeigte Höhenlinien, befestigte und unbefestigte Wege, Wald- oder Landwirtschaftsflächen. Das Straßennetz blieb unauffällig grau, rote Linien stellten velotaugliche Verkehrswege dar. Das Neue daran? Die roten Linien bildeten ein Netz, ein echtes Radverkehrsnetz auf einer Fläche von ca. 106 x 106 cm. Der Schwerpunkt bei der Darstellung lag nun nicht mehr bei Freizeitrouten, sondern bei direkten Verbindungen von Stadt zu Stadt oder von Dorf zu Dorf. Bevorzugt wurden autofreie Strecken – die meisten der markierten Routen waren gut befahrbare Landwirtschaftswege oder kleine Nebenstraßen. Auf der Rückseite wurde die Karte durch Stadtpläne und Informationen zu Städten und öffentlichem Nahverkehr ergänzt. Etwas Brauchbareres war mir bisher für unsere Region noch nicht begegnet. Mit der 2. Auflage wuchs mein Favorit sogar noch um ein paar Zentimeter in der Breite, jetzt waren auch Mainz und Wiesbaden in das Radverkehrsnetz aufgenommen.

Die Bedeutung dieser Karte war enorm. Wegekenntnisse entstanden bis dahin meist durch "Versuchsfahrten" im Gelände, auf denen häufiges Umkehren oder Schieben mangels befahrbarer Wegstücke unvermeidlich war. Eine flächendeckende Radverkehrsbeschilderung war noch nicht in Sicht, die kleinen grünen Fahrradpiktogramme entlang von Feldwegen gehörten zu irgendwelchen Rundrouten, die keinem Netz zuzuordnen waren. In der neuen überörtlichen Radwegekarte wurden nun endlich befahrbare Verbindungen dargestellt, die nicht in Schlammlöchern oder Maisfeldern endeten.

Leider kam es nicht mehr zu einer weiteren Auflage der Karte. Man munkelte, dass sich das Hessische Landesvermessungsamt die Kartengrundlage teuer bezahlen lassen wollte, was einem günstigen Verkaufspreis im Wege gestanden haben könnte (ich erinnere mich an magere fünf Mark, die die erste Karte gekostet hatte).

Der Trend ließ sich jedoch nicht mehr aufhalten, neue Landkarten speziell für Radfahrer erschienen in Hülle und Fülle. Fahrradplan Frankfurt und Umgebung (siehe Kasten) und die Grüngürtelkarte (1992) erschienen bereits früher, Radkarte Wetteraukreis, Radwandern in der Region Vogelsberg, ­ADFC-Regionalkarte Rhein-Main oder diverse Regionalpark-Kartenwerke (um nur einige zu nennen) werden ergänzt durch Faltblätter wie Radwanderwege in der Rhön, Vulkanradweg, Rhein-Main-Vergnügen des RMV und viele andere Karten. Fast jede Region, fast jeder Landkreis veröffentlicht Fahrradkarten, die Touristen und Alltagsfahrern den Weg weisen sollen. Trotz deutlicher Fortschritte in der digitalen Navigationstechnik scheint die gedruckte Landkarte nicht an Beliebtheit zu verlieren. Viele dieser Karten entstanden (und entstehen) erst durch die Ortskenntnis und die engagierte Mitarbeit von ADFC-Mitgliedern.

Trotzdem war ich neulich ohne Karte unterwegs. Lohrberg, Hohe Straße, Vulkanradweg, Glauberg, Ronneburg, Marköbel, Hohe Straße, Lohrberg – eine 100 Kilometer-Runde, die nahezu autofrei zu befahren ist und auf der die Velowegweisung von Dorf zu Dorf für den Ortskundigen eine detaillierte Landkarte inzwischen fast überflüssig macht. Fahrradwegweiser alleine jedoch, mit Entfernungsangaben nach Orten wie Diebach am Haag oder Altwiedermus, helfen ortsfremden Radtouristen bei der großräumgen Orientierung kaum weiter. Eine passende Landkarte jedoch tut dies.

Peter Sauer