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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Wie ist das eigentlich, mit einem E-Bike zu fahren?

Mit E-Bike in den Bergen – Marion aus Bad Vilbel nach der gelungenen Probefahrt
Foto: Marion Hohmann

Bericht von einer Premiere

Unseren letzten Sommerurlaub im August 2015 verbrachten wir in den bayerischen Alpen, rund um Garmisch-Partenkirchen, vorwiegend im Karwendelgebirge. Während unserer Wanderungen begegneten wir etlichen Radfahrern, hauptsächlich mit Mountainbikes. Einige der Bikes waren mit gut sichtbaren Akkus ausgestattet.

Mittlerweile ist das Radfahren in den Alpen so beliebt, dass es auf den für Wanderer und Radler zugleich vorgesehenen Wegen des Öfteren zu Engpässen kommt. Gerade im Gebirge ist kaum Platz zum Ausweichen! Zwar gibt es auch dort eigens für Radfahrer ausgewiesene Wege, doch die sind womöglich dem einen oder anderen nicht spektakulär genug.

Unsere eigenen Räder hatten wir zu Hause gelassen. Mein Rad hat nur sieben Gänge mit Rücktritt. Es ist schon ein bisschen in die Jahre gekommen. Im Frühjahr hatte ich mir einige neue 7-Gang-Räder angeschaut, bei denen allerdings der "tiefe" Einstieg meist durch den Kettenschutz neutralisiert wird. Beim Radler-Fest in Frankfurt-Bonames hatte ich mein "Altes" ausmessen lassen. Wie sich herausstellte, passt es prima zu meiner Körpergröße. Nach diesem Befund beschloss ich, den Kauf eines neuen Fahrrads aufzuschieben.

Während unserer Wanderungen im Gebirge reifte in mir die Idee, einen unserer Tagesausflüge mit dem Rad zu unternehmen. Mir schwebte eine Strecke in einem langgezogenen Tal vor. Nachdem ich meinen Mann überzeugt hatte, gingen wir in unserem Urlaubsort in ein Fahrradgeschäft mit Verleih. Dort suchte ich mir ein Acht-Gang-Rad von Giant mit Antrieb von Bosch aus. Rainer entschied sich für ein Tourenrad "ohne" mit 24 Gängen. Er meinte, der Unterschied könne nicht groß sein.

Am nächsten Morgen fanden wir uns zur Öffnung des Ladens wieder ein. Vor der Einweisung durch den Ladenbesitzer meldete ich meinen Wunsch nach einem Fahrradkorb an. Meinen Rucksack wollte ich während der Fahrt nicht auf dem Rücken tragen. Während ich an der Kasse die Formalitäten erledigte, kam eine Frau herein, die sich als Reporterin des Bayerischen Rundfunks vorstellte. Sie trat auf mich zu und fragte mich, warum ich ein E-Bike ausleihen wolle.

Abgesehen von einer kurzen Proberunde zwei Jahre zuvor hatte ich noch nie ein E-Bike benutzt. Ich fahre seit 50 Jahren gerne und oft Rad. Jahrelang bin ich täglich 15 Kilometer quer durch Frankfurt zur Arbeit gefahren. (Das war lange vor der Zeit, als die Aktion Mit dem Rad zur Arbeit aus der Taufe gehoben wurde.) Nun sollte ich aus dem Stegreif begründen, warum ich mir ein E-Bike auslieh. Ich war so perplex, dass ich nach Worten suchte. Ich wolle es einfach mal ausprobieren, mich nicht so anstrengen und nicht durchgeschwitzt ankommen, erwiderte ich. Dann setzte ich hinzu, dass ich Geburtstag hätte und mir einen besonderen Wunsch erfüllen wolle.

Die Reporterin kam auch zur Einweisung durch den Händler dazu und ließ sich einiges erklären. Die Reichweite des Akkus sollte 100 Kilometer betragen. So viel wollte ich nicht fahren, aber ich wollte die Unterstützung ausschalten können, und das war möglich. Mir war auch klar, dass ich selber in die Pedale treten musste und mich auf dem Rad nicht würde ausruhen können. Nachdem ich eine Probe­runde gedreht hatte, versorgte mich der Händler noch mit einigen Tipps und klärte mich ausführlich über das Bremsverhalten des E-Bikes auf. Nun fühlte ich mich ­gerüstet – sehr zur Erleichterung Rainers, der mittlerweile ungeduldig darauf wartete, aufbrechen zu können.

Wir fuhren von Mittenwald über den Riedboden nach Scharnitz. Teils war der Weg mit Schotter belegt. Im Tourismusbüro von Scharnitz erkundigten wir uns über die beste Fahrradroute. Am Ortsausgang ging es ordentlich bergauf, aber mithilfe des vier Gänge zählenden, variabel zuschaltbaren Elektromotors bewältigte ich die Steigung locker. Meinen Mann hängte ich bereits nach kurzer Zeit ab. Der Weg war nun eine breite Schotterstraße mit wenigen Steigungen und einer grandiosen Aussicht. Die Kilometer flogen nur so dahin. Ich hielt mehrmals an, um Fotos zu machen, und so konnte Rainer mich immer wieder einholen.

Das Wetter war bestens, unsere Laune ebenfalls, und schließlich kamen wir wohlbehalten im Isarquellgebiet an. Das Quellwasser schmeckte köstlich und wir füllten unsere Flaschen. Danach ging es über zwei große, unwegsame Schuttreisen weiter zur Kastenalm. Hin und wieder mussten wir absteigen und schieben, doch das störte uns nicht. Andere Radler kamen uns entgegen – ebenfalls größtenteils gehend.

Kurz vor der Alm gelangten wir zu einem großen Platz im Wäldchen. Dort stießen wir auf einen Bretterzaun. Der Betreiber der Alm hatte vorgesorgt, denn er wollte den Fahrradandrang nicht direkt vor seiner Hütte haben. Tatsächlich waren Räder in großer Zahl im Schatten abgestellt. Auf der Alm stärkten wir uns mit leckerem Kuchen und Kaffee.

Auf dem Rückweg fiel kurz vor Scharnitz die Schotterstraße steil ab. Zudem war sie nicht mit Leitplanken gesichert. Deswegen stieg ich zeitweise ab, zumal es mir auf diesem Stück des Weges nicht leicht fiel, das ungewohnte, rund 25 Kilo schwere E-Bike fahrend in der Spur zu halten.

Im Ort angekommen, hatten wir noch Zeit genug, um unsere Tour noch ein bisschen zu verlängern. Die Fahrräder brachten wir zurück, bevor der Laden schloss. Mir hatte die Fahrt so viel Spaß gemacht, dass ich mir das E-Bike gleich noch einmal auslieh. Auf den asphaltierten Radwegen, die ich am folgenden Tag befuhr, freundete ich mich dann so richtig mit ihm an. Ich probierte die einzelnen Gänge durch und scheute auch heftigere Anstiege nicht. In einer langen Unterführung stellte ich zu meiner Begeisterung fest, dass die Anzeige mit einer Beleuchtung ausgestattet war, die sich im Dunkeln ohne mein Zutun einschaltete. Außerdem hatte das Rad eine Anschiebhilfe.

Mein Entschluss, ein E-Bike zu kaufen, steht nun fest, nur den Zeitpunkt muss ich noch bestimmen! Ein Argument steht der Anschaffung derzeit noch im Wege: Im Frankfurter Stadtverkehr ist mir ein E-Bike einfach zu schwer, und die Mitnahme in öffentlichen Verkehrsmitteln ist nahezu unmöglich, solange die Bahnhöfe noch nicht mit Aufzügen hoch zu den Bahngleisen ausgestattet sind.

Marion Hohmann