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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Fußgänger jetzt unbehelligt, Radverkehr auf der Fahrbahn

Neue Regelung zwischen Rossmarkt und Willy-Brandt-Platz: Gut, aber gefährdet! Problem Liefer-LKWs

Hier bitte runter vom Bürgersteig – die Fußgänger möchten ungestört bummeln
Foto: Bertram Giebeler

Wir hatten es schon vor zwei Jahren gefordert: überlasst den Einkaufsbummlern und Flaneuren zwischen Rossmarkt und Theater den ganzen Bürgersteig! Es war immer schon nervig, sich zwischen Café-Mobiliar und bummelnden Shoppern oder Touristenpulks auf dem Bürgersteigradweg durchzukämpfen. Nehmt den Radverkehr auf die Fahrbahn! So stand es schon einmal, im Mai 2014, in Frankfurt aktuell.

Die Stadt war ähnlicher Ansicht und hat es jetzt auch umgesetzt. Man sollte das aber nicht in erster Linie als Radverkehrs-Förderungsmaßnahme sehen. Am meisten profitieren davon Fußgänger und Geschäftsanlieger. Wer jetzt von der Hauptwache kommt und den dortigen Zweirichtungs-Radweg auf dem Bürgersteig am Rossmarkt gefunden hat, der wird am Rossmarkt nach links auf die Kaiserstraße zur Fahrbahn abgeleitet, gegen die Einbahnstraße, auf einigen Metern abmarkiert.

Am Kaiserplatz wurde die Ampelanlage an Kaiserstraße / Friedensstraße / Bethmannstraße abgestellt. Die Bethmannstraße wurde in Gegenrichtung für Radverkehr freigegeben. Es gilt Tempo 30 und rechts vor links. Die Gesamtsituation nennt sich "verkehrsberuhigter Geschäftsbereich".

Die rechtsabbiegende Radverkehrsführung vom Kaiserplatz in die Kaiserstraße Richtung Bahnhofsviertel ist (findet jedenfalls der Autor) mindestens gewöhnungsbedürftig, aber man wollte außer zwei Bordsteinabsenkungen nichts umbauen und alles über Markierung regeln. Manchmal reicht das halt nicht für eine gute Lösung.

links: Kaiserplatz: hier gilt jetzt rechts vor links, die Ampel ist abgeschaltet
rechts: Richtung Bahnhofsviertel: Erst von der Fahrbahn aufs Kopfsteinpflaster, dann eng um einen U-Bahn-Ausgang herum, und dann in der Kurve wieder runter auf die Fahrbahn – das überzeugt nicht ganz
Fotos: Bertram Giebeler

Ab Kaiserplatz geradeaus zum Willy-Brandt-Platz existiert nun ein Schutzstreifen gegen den Einbahn-KFZ-Verkehr. Der bisherige Bürgersteigradweg ist aufgehoben, die Fußgänger haben diese Fläche jetzt für sich. Am Willy-Brandt-Platz quert man ampelgeregelt die Neue Mainzer Straße, um von dort weiterzufahren in Richtung Untermainbrücke oder in den Anlagenring.

Wir könnten jetzt sagen: Bingo, so haben wir es vor zwei Jahren gefordert, die Stadt hat's genau so gemacht, prima. Grundsätzlich stimmt das, aber es zeigt sich ein Problem, und das nimmt von Jahr zu Jahr zu: die Lieferfahrzeuge, die auf Rad- und Schutzstreifen abgestellt oder sogar geparkt werden. Der Lieferverkehr ist gerade an dieser Strecke extrem massiv und macht einen erheblichen Anteil am noch vorhandenen KFZ-Verkehr aus. Dagegen setzt die jetzige Markierungslösung noch nicht einmal einen Schutzstreifen – weil dies in einer Tempo-30-Zone rechtlich nicht zulässig sei. Die von uns vorgeschlagene schützende Separierung (Schwellen, Flexi-Poller), insbesondere am Kaiserplatz, lehnt das Straßenverkehrsamt erst recht ab.

Willy-Brandt-Platz: das Tor zur Geschäfts-City, mit Schutzstreifen in beiden Richtungen
Foto: Bertram Giebeler

Dieser Minimalismus mit einer bloßen Piktogramm-Markierung kann wiederum dazu führen, dass die ganze Maßnahme für Radfahrer zu einem Flop wird: wenn ein Lieferwagen die Piktogramme ignoriert (das darf er sogar, Piktogramme haben keine rechtliche Bedeutung) und sich an den Fahrbahnrand stellt, muss der Radfahrer links um den LKW herumziehen und gegen die Einbahnstraße auf die Kühlerhaube des entgegenkommenden Fahrzeugs zuhalten. Selbst bei Tempo 30 – wer macht so etwas? Dann doch lieber auf dem Bürgersteig bleiben und die Fußgänger ärgern – man bleibt dabei wenigstens am Leben!

Generell zeigt sich an diesem "verkehrsberuhigten Geschäftsbereich", dass das bloße Markieren von Furten und das Aufbringen von Piktogrammen an seine Grenzen stößt. Es wäre nötig, diesen gesamten Bereich mit seinen attraktiven Geschäften stadtplanerisch neu anzupacken. Für den Autoverkehr ist diese Innenstadt-Strecke kaum noch ernsthaft wichtig, außer zu Lieferzwecken (doch hierfür kann man Lieferzonen festlegen) und vielleicht noch für Taxis. Parkplätze gibt es ganz in der Nähe genug, u. a. in der neuen Tiefgarage Goetheplatz, ruhendes Blech muss hier nicht die Straßenraumgestaltung blockieren. Dann wäre es auch möglich, einheitlich auf der gesamten Strecke den Radverkehr zwischen entgegenkommendem Autoverkehr und den Fußgängerbereichen auf einer geschützten Radspur zu führen.

Bertram Giebeler