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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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„Eigentlich fahre ich nicht gerne Rad“

Warum Mathias Neitzel bei seinem Unternehmen für Hausmeisterservice und Gartenlandschaftsbau trotzdem drei Lastenräder einsetzt.

Es fährt sich schon ungewohnt, das Babboe Pro Trike XL. Selbst wenn man normale Lastenräder kennt, ist das hier eine ganz andere Hausnummer. Eher ein kleiner Lkw, kann es doch mit bis zu 100 Kilo beladen werden. „Man gewöhnt sich aber schnell daran und möchte dann gar nicht mehr ins Auto steigen“, erklärt Mathias Neitzel, der zwei dieser Gefährte für sein Unternehmen angeschafft hat. Dass es noch eine Nummer größer geht, zeigt das Modell „Tender“ von Urban Arrow, das Neitzel gerade testet. Es fährt vorne auf zwei Autoreifen und kann ganze 300 Kilo Fracht transportieren.

Bis zur Anschaffung der Räder hat es allerdings vier Jahre gedauert. Lange hat der gelernte Landschaftsgärtner recherchiert und sich im Internet informiert, auch ein Citkar war angedacht. Einfach online bestellen wollte er aber nicht. „Bei Kosten von 7.000 Euro pro Rad muss ich wissen, dass meine Mitarbeiter und ich gut damit zurechtkommen, das funktioniert nicht über Bilder allein.“ 2022 ergab sich dann auf der VELO-Messe an der Eissporthalle ein Kontakt zum Hersteller Babboe, der ihm das gewünschte Modell zum Test vorbeibrachte.

Nun würde man denken, dass jemand, der so viel Zeit und Einsatz in die Umstellung vom Auto aufs Fahrrad investiert, extrem radaffin ist. Doch dann die Überraschung: „Eigentlich fahre ich nicht gerne Rad.“ Der Hauptgrund war vielmehr, dass einige seiner Angestellten keinen Führerschein hatten. So konnten diese zunächst nur bei Kund:innen in Laufnähe der Firmenzentrale von „Der gute Nachbar“ in Frankfurt-Bornheim eingesetzt werden. Durch die Räder hat sich der Radius enorm erweitert und die lästige Parkplatzsuche fällt weg. Schneller als mit dem Auto ist man allerdings nicht. Hierfür wünscht sich der Unternehmer eine noch bessere Infrastruktur der Radwege. Sowohl innerstädtisch (Stichworte Ampelschaltung und Drängelgitter) als auch z. B. auf der Strecke nach Neu-Isenburg, wo aktuell nur die Wahl zwischen Landstraße und Waldweg besteht. „Mit dem Lastenrad spürt man da jeden Huckel.“ Zudem, merkt Mathias Neitzel an, könnten sich die Frankfurter Radlerinnen und Radler noch besser an die Verkehrsregel halten. „Ich bleibe bei Rot immer stehen und würde mir das auch von anderen wünschen.“

Ein weiterer Grund für die Anschaffung der Räder, die vom Land Hessen mit 25 % des Kaufpreises gefördert werden, war natürlich die Klimafreundlichkeit. Auch wenn der gebürtige Ostwestfale nicht wie ein typischer Öko wirkt, liegt ihm die Natur doch am Herzen. So weist er Kundinnen und Kunden schon mal darauf hin, dass sie ihren Rasen ja auch in eine bienenfreundliche Blumenwiese umwandeln könnten und bewässert bei starker Trockenheit die Bäume in seiner Straße. Das Auto nutzt er eigentlich nur noch beruflich, wenn es mit einem der Lastenräder nicht geht. Privat holt er mit dem Drahtesel mittlerweile sogar Getränke – zehn Kästen passen in den Laderaum – und wird dabei immer wieder auf das außergewöhnliche Gefährt angesprochen. Ob er denn wirklich kein Fahrrad-Fan ist, wollen wir zum Abschluss nochmal wissen. „In meiner Freizeit gehe ich lieber spazieren“, antwortet Mathias Neitzel mit einem Lachen.

Hannah Kessler