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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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„Juhuu, Papa, wir dürfen über Rot fahren!“

Die ADFC bike-night 2023 aus der Sicht eines Dreijährigen

Bunte Lichter, laute Musik – und Fahrräder auf der Autobahn. Was schon Erwachsenenherzen höher schlagen lässt, muss sich für ein Kleinkind noch wilder anfühlen. Henri und ich haben es ausprobiert.

Zwar nicht seine erste Demo, aber die späteste

Das Prinzip Fahrrad-Demo kennt mein Sohn Henri bereits. Auf der EUROBIKE CITY PARADE im Juni dieses Jahres hat er sich über die laute Musik vom „DJ on a Bike“ Dom Whiting gefreut. Er war damals frisch drei Jahre alt und saß, wie auch heute bei der bike-night, auf einem Kleinkindsitz vorn direkt hinter meinem Lenker. Demonstrieren in der Pole Position quasi – mit bester Sicht auf alles, was sich vor und neben uns abspielt. Ich bin gespannt, wie lang Henri heute durchhält. Normalerweise liegt er um 19 Uhr im Bett, unsere Demo startet aber erst nach 20 Uhr … Wir sind früh am Eisernen Steg, die Sonne scheint noch. Nach und nach gesellen sich allerlei Fahrräder zu uns – vom Einrad bis zum Velomobil ist alles dabei. Henri beobachtet, wie einige Demo-Teilnehmende ihre Räder noch schnell mit Lichterketten schmücken. Bunte blinkende Lichter hatte ich ihm schon angekündigt und er freut sich schon sehr darauf, dass es dunkel wird.

„Papa, fahren wir jetzt los?“

So viele Fahrräder – aber alle stehen einfach so da. Das erklärt sich Henri nicht. Im Zweiminutentakt fragt er, wann’s denn nun endlich losgeht. Als die Redner anfangen, kann ich ihn noch mit einem Erdbeer-Lolli ablenken. Hoffentlich hält er, bis die Reden durch sind. „Darf ich jetzt auch klingeln?“, fragt er, als Zwischenapplaus ertönt. Dass er heute quasi eine Klingel-Flatrate hat, freut ihn sehr. Genauso wie der Umstand, dass wir unter Polizeischutz über Rot fahren dürfen. Das hat er sich von der Demo im Juni gemerkt.

Henri quietscht vor Freude, als sich ein Dauerklingeln durch den Demozug schiebt und sich die Fahrräder vor uns in Gang setzen. Mittlerweile ist es schon fast dunkel. Wir befinden uns etwa mittig im Zug. Kaum sind wir gestartet, zeigt Henri bereits aufgeregt nach Dribbdebach auf hunderte kleiner weißer, roter und bunter Lichter: „Papa, guck mal, das sind alles Fahrräder!“ Als wir die Alte Brücke überqueren, deutet er zurück zum Startpunkt am Eisernen Steg: „Die gehören auch noch zu uns, oder?“ Ja, tun sie. Ein beeindruckendes Bild.

Lastenräder, Lautsprecher und Luftblasen

Das Fahrtempo ist entspannt, Menschen lächeln uns zu, wir einander an. Henri hat Spaß, das zeigt und sagt er mir. Und ich bin glücklich, dass er von klein auf aktiver Teil der Mobilitätswende ist. Henri liebt es, wenn wir schnell fahren. Also beschleunige ich und mache ein paar Meter gut, vorbei an bunt geschmückten Rädern und mit Lautsprechern bepackten Lastenrädern. Zurück in Hibbdebach passieren wir den Willy-Brandt-Platz und Henri entdeckt etwas, das zu seinem bike-night-Highlight werden soll: Seifenblasen! Wir tasten uns vorsichtig an die Quelle: Tatsächlich hat eine Demo-Teilnehmerin ihren Gepäckträger mit einer automatischen Seifenblasen-Maschine ausgestattet, die im Sekundentakt produziert. Auf Henris Wunsch folgen wir dem Fahrrad, er versucht im Sitzen eine Seifenblase nach der anderen zu fangen. Falls die Spenderin das hier liest: Du hast meinem Sohn eine super Zeit beschert. Vielen Dank!

Boxenstopp im Supermarkt

Am Eschenheimer Tor bemerkt Henri plötzlich einigermaßen wehleidig: „Ich habe Hunger!“ Und ich bemerke, dass ich schlecht vorbereitet bin. Bis auf seine Wasserflasche und seinen Kuscheltierhund, dessen Kopf aus meinem Rucksack schaut, habe ich nichts dabei. Meine Snacks habe ich vergessen aufzufüllen. Also beschließe ich kurzerhand, uns in einem Supermarkt an der Demo-Strecke einzudecken: Runter vom Rad, schnell ans Nussregal zu seinem heißgeliebten Studentenfutter, ab an die Kasse und wieder los, den Zug einholen. Henri greift singend in die Tüte, während ich die Eschersheimer Landstraße hochjage, um Anschluss zu halten. Geklappt, wir sind wieder drin.

Hinter der Friedberger Warte kann ich endlich auf die lang ersehnte Autobahnauffahrt deuten und Henri das nächste (und mein größtes) Highlight der Demo zeigen. Kaum auf der Autobahn, muss ich dann doch kurz Raser spielen. Schulterblick links und Vollgas: Henri und ich düsen auf der linken Spur dahin so schnell ich kann. Ein sagenhaft schönes Gefühl. Aber Henri beschwert sich, dass ihm kalt ist, trotz Jacke. Es ist ja auch schon spät und er hat so tapfer durchgehalten. Also verspreche ich ihm, dass die kommende Autobahnausfahrt unsere wird.

Die ADFC bike-night macht Spaß – und Mut

Als wir die Autobahnabfahrt herunterrollen, sagt Henri: „Papa, ich will morgen wieder mit dem Fahrrad auf der Autobahn fahren.“ Die gute Nachricht: Wenn er alt genug ist, um auf dem eigenen Rad ordentlich Strecke zu machen, kann er sich vielleicht schon über Radschnellwege freuen. Das wenigstens hofft der Vater.

Marco Prehler