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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Joachim Stoll ist einer der Vizepräsidenten der IHK Frankfurt am Main
Stefan Krutsch Photographie

„Ich bin Optimist:
Die Stadt wird sich ändern“

IHK-Vizepräsident Joachim Stoll sieht positiv in die Zukunft der Stadt

Joachim Stoll kennt sich mit dem Einzelhandel aus, immerhin betrieb seine Familie 101 Jahre lang das Traditionsgeschäft „Leder Stoll“ in der Innenstadt, bevor er sich 2021 coronabedingt auf den Online-Handel verlegte. Diese Expertise bringt Joachim Stoll seit fast 10 Jahren in ehrenamtlichem Engagement bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) ein. Aktuell ist er Vizepräsident und Vorsitzender des Einzelhandelsausschusses. Aber was macht die IHK eigentlich genau und wo gibt es Überschneidungen zu unserer Arbeit im ADFC? „Frankfurt aktuell“ hat nachgefragt.

Wie lange engagieren Sie sich schon in der IHK?

Mein ehrenamtliches Engagement begann 1999 im Handelsverband. Die IHK kam ca. 2014 dazu. IHK-Vizepräsident bin ich seit fünf Jahren.

Bitte erklären Sie jemandem, der sein Leben lang im Angestelltenverhältnis tätig war, was die IHK ist und welche Ziele sie hat.

Die IHK vertritt die Gewerbetreibenden – also keine Handwerker, freie Berufe oder Künstler. Sie erfüllt öffentliche Aufgaben. Bekannt ist die IHK rund um die Ausbildung, aber es gibt auch andere Themen: von Bescheinigungen bis Prüfungen. Man glaubt, dass die IHK dies effizienter als der Staat durchführt. Das IHK-Gesetz regelt die Mitgliedschafts- und Beitragspflicht. Letztere werden immer wieder erfolglos beklagt – weil Betriebe nicht zahlen wollen oder weil sie mit politischen Aussagen, etwa zur Atom- oder Verkehrspolitik, nicht einverstanden sind.

Was ist die IHK-Vollversammlung? Wer darf dort zur Wahl antreten bzw. wählen und warum sollte man sich einbringen?

Die Vollversammlung ist eines von fünf Organen der IHK, theoretisch das wichtigste. In der Praxis sieht man meistens Präsident oder Geschäftsführung in der Öffentlichkeit agieren.

Wahlberechtigt sind alle Mitgliedsunternehmen des jeweiligen IHK-Bezirkes. Die Wahlunterlagen werden Mitte Januar zugesandt. Sie wählen – unabhängig von ihrer Größe – mit je einer Stimme je Unternehmen die Vertreter ihrer Wahlgruppe, d. h. Handelsunternehmen wählen Händler oder Händlerinnen, und so weiter.

Die bisher einstellige Wahlbeteiligung zeigt die Passivität vieler Wahlberechtigter. Unternehmertum und neue Ideen aber sind für uns wichtig. Der ehrbare Kaufmann ist sozial verantwortungsvoll und bringt sich in die Gesellschaft ein. Nachhaltigkeit ist in der IHK-Satzung verankert. Die Basis ist also gelegt.

Welche Rolle spielen die Mobilitätswende und die Umgestaltung der Stadt Frankfurt bei der Arbeit der IHK?

Bisher wird die Mobilitätswende eher bekämpft und die Stimmen der Gegner aller Veränderungen verstärkt. Das hat Tradition.

Welche Entwicklung wünschen Sie sich für Frankfurt in den nächsten fünf Jahren?

Mutige Antworten auf die großen Herausforderungen: Klima, Verkehr, New Work – aber auch Verarmung, Sicherheit, Sauberkeit. Ich wünsche mir die Umsetzung des Mobiliätskonzepts unter Beachtung der Notwendigkeiten der Unternehmen. Wir brauchen eine Erreichbarkeit der Innenstadt für Kunden und Mitarbeitende aus dem Umland. Auch mit dem Auto, wenn diese das möchten.

Ich wünsche mir eine städtebauliche Antwort auf die Erwärmung der Städte, einen besseren ÖPNV, eine grünere gesündere Stadt ohne stehendes Blech auf der Straße, eine planerische Antwort auf die kommenden Änderungen der Zeil und Einkaufsstraßen der Stadtteile.

Und wie realistisch ist es Ihrer Meinung nach, dass die Stadt sich so entwickeln wird? Welche Weichen müssen dafür heute gestellt werden?

Planungs- und Bauprozesse müssen schneller werden, wir haben uns selbst erdrosselt in Vorschriften und Klagemöglichkeiten. Bürger müssen Politiker unterstützen, die sich da ran trauen. Wir benötigen Dialog und Kommunikation in der Stadtentwicklung, Verständnis für alle Stadtakteure.

Kurzfristig sehe ich die Gefahr für mangelnde Sauberkeit und Sicherheit. Eine Verdrängung der Situation des Bahnhofsviertels in die Innenstadt wäre katastrophal. Ohne Kunden und Mitarbeiter in der Stadt wird es schwierig. Hier müssen wir mehr investieren.

Ich bin Optimist: Die Stadt wird sich ändern. Immobilienbesitzer, externe Entwickler wie alte Frankfurter, verlangen Nachhaltigkeit in der Stadtentwicklung. Grüne Verkehrsdezernenten reden nicht mehr von autofreier Innenstadt, sondern von Verkehrsberuhigung und Erreichbarkeit der Stadt. Der ADFC interviewt IHK-Vizepräsidenten. ADFC-Mitglieder nehmen aktiv und bewusst an der IHK Wahl teil….

Wir werden die Stadt positiv weiterentwickeln. 

Hannah Kessler, Ansgar Hegerfeld