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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Krieg auf der Straße? Krieg in den Medien!

Google zeigt auf der Suche nach "Kampfradler" 727.000 Treffer. Die Suche nach dem "Kampf-Radler" mit Bindestrich ergibt bereits 784.000 Ergebnisse. "Autofahrer verletzt Fußgänger" taucht in der Suchmaschine 51.000 Mal auf, "Radfahrer verletzt Fußgänger" 801 Mal. "Autofahrer tötet" ergibt immer noch 4.900 Ergebnisse, "Radfahrer tötet" nur 63. In letzterem Fall kamen zwei Menschen bei Unfällen ums Leben, der Rest der Einträge handelt von Themen wie "... Der Radfahrer tötet das Reh..." oder "Wenn im Sachverhalt steht, dass eine fliegende Kuh den Radfahrer tötet,..". So weit die Google-Statistik.

Alles Quatsch? Nicht alles, aber Einiges doch. Wir wissen nicht, wie viele Unfalltote sich hinter den 4.900 Einträgen zu "Autofahrer tötet" verbergen. Nennungen in diversen Zeitungen und Online-Foren zum gleichen Thema erhöhen die Trefferquote enorm, ohne dass damit etwas über die Quantität der Ereignisse ausgesagt wird. Das zeigt sich bereits an der Auswertung der 63 "Radfahrer tötet"-Treffer. Trotzdem ist es verblüffend, dass sich 51.000 Einträge mit Unfällen beschäftigen, bei denen Fußgänger von Autofahrern verletzt wurden, aber nur 801 Einträge diesen Konflikt zwischen Fußgängern und Radfahrern anschneiden – und das bei fast 800.000 Kampf-Radler-Erwähnungen am 21. April 2012. Krieg auf der Straße?

Der RBB (Rundfunk Berlin-Brandenburg) betitelt eine Sendung mit "Auto gegen Fahrrad – Krieg auf der Straße?" und ergänzt "Kaum meldet sich der Frühling zurück, geraten Deutschlands Straßen wieder zum Kriegsgebiet. Besonders in den Großstädten stürzen sich Menschen in den Straßenkampf. Dabei scheinen vor allem Auto- und Radfahrer natürliche Feinde zu sein." In der Diskussions-Sendung selbst geht es dann deutlich weniger kampfbetont zu, Radfahrer-Lobby und genervte Autofahrer kommen gleichermaßen zu Wort und diskutieren ganz unkriegerisch über unser aller Verhalten im Verkehr – nur der RBB kann es nicht lassen und bringt Einspieler, die entweder mit Kriegsgeschrei oder mit lächerlicher Ironie das Verhalten der Radfahrer kommentieren. (RBB 3.4.2012)

Der Hessische Rundfunk berichtet in seiner Sendung "Maintower" darüber, dass ein Anwalt die Stadt Frankfurt wegen Untätigkeit verklagen will, da sie Verkehrsverstöße von Radfahrern nicht ausreichtend ahndet. Dabei ist dem Anwalt besonders das Fahren auf Gehwegen ein Dorn im Auge. Polizei und Politik bekämpfen dieses Delikt seiner Ansicht nach nicht ausreichend und nachhaltig. Gezeigt werden dazu Interviews mit Passanten, die alle schon mit Radfahrern in Konflikte geraten sind – dramatisch sinngemäß kommentiert mit "fast jeder Bürger ist schon einmal mit einem Radfahrer in Konflikt geraten". Eine der interviewten Damen musste, nach einem nicht näher erläuterten Konflikt mit einem Radfahrer, gar von ihrem Mann zum Arzt gebracht werden und eine Untersuchung über sich ergehen lassen. Über das Ergebnis der Untersuchung wurde nicht berichtet, es steht zu vermuten, dass die Dame ihr Zusammentreffen mit einem Radfahrer glücklicherweise schadlos überstanden hat. Im weiteren Verlauf der Sendung wird in dramatischem Tonfall über Rowdys und Kampfradler berichtet. Gezeigt werden dazu Bilder von gemächlich auf breitem leeren Gehweg Radelnden in Sachsenhausen (ja, gewiss, dass ist verboten) oder von Radlern, die auf einer Radverkehrsanlage in der Kaiserstraße regelgerecht unterwegs sind und sich mühsam durch Fußgängerströme quälen, die diese Radverkehrsanlage als Fußweg nutzen. Die Gelegenheit, genau an dieser Stelle auf die miserable, für Fußgänger kaum erkennbare Radstrecke hinzuweisen, wurde versäumt. Versäumt wurde auch, mit der Kamera wenigstens einen einzigen Verkehrsrowdy einzufangen, der diese Bezeichnung verdient.

(HR 3.4.2012)

Man möge mich nicht falsch verstehen – ich kann dem Wunsch des Anwalts folgen, dass Radfahrer von Gehwegen verbannt werden. Der Radverkehr gehört auf die Straße, und darüber sollte berichtet werden. Je häufiger, desto besser. Wenn diese Berichte aber aufgemacht sind wie der oben erwähnte, zwischen Larmoyanz und Kriegsgeschrei pendelnd, dann muss ich an der Seriosität unserer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten starke Zweifel anmelden. Und wenn mir eine recht friedliche Diskussionsrunde im RBB sensationsheischend mit Worten wie "Krieg" und "Straßenkampf" angekündigt wird, werden diese Zweifel nicht weniger.

Peter Sauer