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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Links: Bahnhofstraße / Obernhainer Weg in Wehrheim – wo ist das Schild? Lösung: Rechts im Hintergrund hinter dem noch kahlen Baum – ein Winterschild für Radfahrer!
Rechts: Bahnhofstraße / Obernhainer Weg. Rechts geht's demnach nach Usingen, links nach Wehrheim. Falsch: Wir sind schon in Wehrheim! - Eingeklinkte Grafik: Und das hatte der ADFC mal abgegeben ... zu so einer Abänderung gehört viel Mut.
Fotos: Stefan Pohl

Fahrradwegweisung in Wehrheim

In Wehrheim ist es nicht zu übersehen: Es werden Fahrradwegweiser aufgestellt. Zeit für den ADFC im Usinger Land, sich damit zu beschäftigen.

Die Vorgeschichte

Das Wichtigste vorweg: Der ADFC Hochtaunus hat auf Kreisvorstandsbeschluss vom März 2012 seine Mitarbeit am Fahrradwegweisungsprojekt des Hochtaunuskreises wegen nicht feststellbarer Projektleitung niedergelegt. Das Thema wird bei der nächsten Kreisvorstandssitzung nochmals behandelt, eventuell ist bis dahin auch eine offizielle Rückmeldung des Hochtaunuskreises eingegangen. Vorerst wird es deshalb dazu vom ADFC keine Äußerungen geben, auch nicht vereinsöffentlich.

Der ADFC hat auf Kreisebene die Ausarbeitung eines Fahrradroutennetzes seit Mitte der 90er Jahre maßgeblich vorangetrieben. Zunächst stand ein ca. 650?km umfassendes Wegenetz, das, mit den Kommunen abgestimmt, sich im hessischen Radroutenplaner manifestiert. Ein Großteil der dort hinterlegten Routen im Kreis wurde vom ADFC Hochtaunus abgegeben, nicht etwa von den Kommunen. Integriert in das Gesamtnetz wurden außerdem 14 miteinander verknüpfte Rundrouten sowie die Themenrouten an Weil, Usa, Erlenbach und entlang des Limes – aber alles spielt sich auf dem definierten Netz ab.

Bereits frühzeitig war es das Ziel, dieses Netz einheitlich nach hessischem Standard auszuschildern. Dabei liegen die Schwerpunkte im städtisch geprägten Teil südlich des Taunuskamms etwa gleich verteilt zwischen Alltags- und Tourismusnutzung, ab dem Taunuskamm nördlich auf einem eher radtouristischen Schwerpunkt, ohne dabei die Alltagsnutzung aus den Augen zu verlieren. Für diese Planungen wurde der ADFC mehrfach und öffentlich unter anderem vom Hochtaunuskreis gelobt.

Der ADFC hat dem Hochtaunuskreis Planungsdaten zur Beantragung von Fördermitteln beim Land Hessen für die Gebiete Neu-Anspach, Usingen und Wehrheim zukommen lassen. Mit der späteren Niederlegung der ADFC-Mitarbeit wurde der Gesamtdatenbestand ebenfalls übergeben. Die Daten verwendet der Hochtaunuskreis nun in eigenverantwortlich überarbeiteter Form für die Bestellung und Aufstellung der Fahrradwegweisung. Die Verantwortung liegt also nicht beim ADFC, sondern beim Hochtaunuskreis und der jeweils zuständigen Kommune.

Aufstellung in Wehrheim

Der Hochtaunuskreis hat vermutlich die Schilder für Neu-Anspach, Usingen und Wehrheim Ende 2011 aufgrund der eigenen Ausführungsplanung bestellt. Inzwischen sind Schilder geliefert worden, die Gemeinde Wehrheim hat mit der Aufstellung begonnen. In Neu-Anspach und Usingen wurden vom ADFC noch keine neuen Schilder gesichtet. Und das ist gut so.

Der ADFC Usinger Land wird im Interesse aller Radfahrer die Aufstellung der Wegweisung nach seinen ehrenamtlichen Möglichkeiten verfolgen und konstruktiv kommentieren. Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Fahrradwegweisungsprojekt auf ADFC-Kreisebene, dort ist die Mitarbeit niedergelegt. Sie wird nicht ersatzweise vom ADFC Usinger Land wahrgenommen. Eine systematische Überprüfung ist jedoch derzeit nicht möglich. Förderlich bei der Verfolgung der Wehrheimer Aktivitäten ist dabei sicherlich, dass es personelle Überschneidungen bei der bisherigen Tätigkeit auf ADFC-Kreisebene und der aktuellen reagierenden Begleitung auf ADFC-Ortsebene gibt, die sehr fundierte Äußerungen durch den ADFC bis ins kleinste Detail zulassen.

Dabei offenbaren sich gravierende Mängel, die von eher formalen Fehlern über vollkommen fehlende radtouristische Ausprägungen (für die die Wegweisung in Wehrheim ja vorrangig gedacht ist) bis zu sinnentstellenden Wegweisungsfehlern reichen und sogar durch die Art der Aufstellung und mangelnder Beachtung der Straßenverkehrsordnung bzw. deren Ausführungsbestimmungen durch die ausführenden Gemeinde Radfahrer zu groben Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung verführt werden.

Details zu einigen Standorten finden sich auf den Internet-Seiten des ADFC Usinger Land . Hier seien einige Beispiele aufgeführt.

Fehlende touristische Ausprägung

Wehrheim will mit der Fahrradwegweisung den Fahrradtourismus fördern. Dazu wurden im Rahmen des Gesamtnetzes auch für Wehrheim Routen um den Ort festgelegt, die mit der Fahrradwegweisung über Logos auf Einhängen an den Schildern, so genannte Plaketten, ausgewiesen werden. Erst damit können Radtouristen diese Routen überhaupt finden, denn sie werden ja nicht anhand konkreter Zielbezeichnungen gefunden, sondern sind eben "Rundrouten" ohne konkretes Ziel. Dieses touristische Element fehlt ganz. In den Planungen des ADFC war dies alles enthalten. Die Planer haben es schlicht weggelassen. Der Zweck der aufgestellten Wegweisung wird bereits hierdurch entwertet. Prinzipiell ist dies aber heilbar, Plaketten können auch nachträglich angebracht werden. Ob es hierzu bereits Schritte gibt, ist dem ADFC jedoch vollkommen unklar.

Falsche Zielangaben

Die vom ADFC Hochtaunus korrekt ausgearbeiteten Zielangaben wurden mindestens in einem Fall sinnentstellend verfälscht: An der Ecke Bahnhofstraße / Obernhainer Weg im Ortsteil Wehrheim weist ein Wegweiser statt zur Wehrheimer Mitte (mit der korrekten Angabe "Ortsmitte") das Ziel "Wehrheim" mit einem vorangestellten Bahnhofsymbol zum Wehrheimer Bahnhof in entgegengesetzter Richtung aus. An diesem Beispiel zeigt sich, dass die planenden Verwaltungen die Systematik der Fahrradwegweisung, die bundesweit gilt und leicht nachvollziehbar ist, nicht verstanden haben. Denn eine Zielangabe "Wehrheim" mit vorangestelltem Bahnhofsymbol bedeutet in der vereinheitlichten Fahrradwegweisung, dass man im Ort Wehrheim noch nicht angekommen ist, dieser Ort (die Orts- oder Stadtmitte) in der angegebenen Richtung erreichbar ist und sich in diesem Ort ein Bahnhof befindet, der erst ab dem Erreichen des Ortes separat ausgewiesen wird. Der Hinweis auf die nahe Ortsmitte, die neue Wehrheimer Mitte, fehlt für Radtouristen an dieser Stelle ganz. Der ADFC hatte dies in der abgegebenen Planung vorgesehen und entsprechend differenziert. Es gab einen Wegweiser zur "Ortsmitte" und einen zum Ziel "Wehrheim-Bahnhof". Der Hochtaunuskreis und die Gemeinde Wehrheim wussten das besser und haben aktiv die Wegweisung geändert. Peinlich, aber erleuchtend für den Betrachter hinsichtlich der Fähigkeiten der Verwaltungen zur Planung einer Radwegweisung.

Wo ist das Schild?
Foto: Stefan Pohl

Schilder sind unsichtbar

Am gleichen Standort Bahnhofstraße/Obernhainer Weg, aber auch in Obernhain an der Ecke Saalburgchaussee/Zur Thalmühle, wurden Schilder so hinter Bäumen platziert, dass sie teilweise richtungsabhängig überhaupt nicht erkennbar sind. In Obernhain wird der Wegweiser völlig hinter einem Baum verschwinden, sobald die Saison beginnt und Bäume Blätter tragen. Ob eine Gemeindeverwaltung bei der Aufstellung von Schildern im Winter so etwas bereits berücksichtigen kann, mag der geneigte Leser für sich selbst beantworten – es sind ja auch seine Steuergelder, die hier eingesetzt werden. Am Standort Obernhainer Weg/Bahnhofstraße hat dies aber eine weitere negative Qualität: Der von der Saalburg über Obernhain nach Wehrheim kommende Radfahrer wird an dieser Stelle einen Wegweiser suchen, sich aber beim Erreichen der Kreuzung im fließenden Verkehr um fast 180 Grad verdrehen müssen, um den ungünstig aufgestellten Wegweiser zu entdecken und sich orientieren zu können. Ein Beitrag zur Verkehrssicherheit ist dies sicher nicht – ganz im Gegenteil. Entweder wurde dieser Standort gar nicht konkret geplant, oder den Planern muss hier schlicht Versagen vorgeworfen werden. Die Berücksichtigung derartiger Aspekte gehört zum Grundhandwerkszeug eines Sachbearbeiters in der Straßenverkehrsbehörde der Gemeindeverwaltung – das muss er können, dafür wird er schließlich vom Steuerzahler bezahlt. Noch schlimmer ist die Ausführung in Obernhain, allerdings an einer unbedeutenderen, verkehrsarmen Kreuzung. Das Schild wird dort in Kürze gar nicht sichtbar sein und insofern nicht zwingend zu Irritationen führen – sein eventuelles optisches Fehlen dem Schilder suchenden Radfahrer aber schon. Zwischenwegweiser

Die Anzahl der Zwischenwegweiser wurde drastisch reduziert. Eine Reduzierung gegenüber der Planung, die gemäß der Absprache erfolgte und lediglich die Anzahl insgesamt zur formalen Abrechnung gegenüber dem Land Hessen sicher stellen sollte, wäre auch vom ADFC vorgenommen worden. Nach Ansicht des ADFC hat man dies aber in Wehrheim so weit getrieben, dass eine ausgewiesene Route mitunter nur mit teils profunden Ortskenntnissen auffindbar ist bzw. selbst bei aufgestellten Zwischenwegweisern diese nicht immer richtig interpretierbar sein werden. Auch hier bemängeln wir die Montage der Schilder an Stellen, die dafür aus verschiedenen Gründen nicht geeignet sind. Ein besonders krasses Beispiel ist die Montage am Wehrheimer Kreisel Richtung Ortsausgang Usingen: Die Schilder sind, aus Usingen kommend, so montiert, dass sie zu nicht StVO-konformen Verhalten verführen. Die aufgestellte Fahrradwegweisung ist nicht nur an dieser Stelle für den Radfahrer gefahrensteigernd, sie ist leider kein Einzelfall. Es zeigt erhebliche Mängel in der Interpretation der Straßenverkehrsordnung, die auch der Wehrheimer Radwegekommission – allen voran den Wehrheimer Grünen – bereits früher egal war.

Falsche Symbole

Als Kleinigkeit muss dagegen schon die Verwendung falscher Symbole bewertet werden. Am Bahnhof Wehrheim steht ein Wegweiser zum Freibad in Wehrheim – mit dem Symbol für ein Hallenbad. Die ADFC-Planung stellte das noch korrekt als Freibad dar. In der anderen Richtung ist es ähnlich: Hier kennt den Hessenpark jeder unserer Leser – aber ein Standard-Museumsymbol oder das Hessenparksymbol darf schon davor aufgedruckt sein – schließlich ist die Wegweisung nicht nur für Ortskundige gedacht. Ab dem Bahnhof Wehrheim und sicher auch ab der Wehrheimer Mitte (hier sind die Schilder noch nicht aufgestellt) wäre beim Ziel "Saalburgsiedlung" ein Symbol "Lochmühle" ebenfalls zielführend. Das alles fehlt. Für den Ortskundigen ist das kein Problem – aber der braucht die Wegweisung eigentlich auch nicht.

Nur im Winter sichtbar: das Schild hinter dem Baum
Foto: Stefan Pohl

Wert der Fahrradwegweisung

Von den bisher vom ADFC Usinger Land zufällig betrachteten Standorten ist praktisch keiner völlig mangelfrei – was nicht heißt, dass es auch fehlerfreie Standorte geben mag. Es entsteht allerdings der Eindruck, dass hier eine Schnellschussplanung wenig reflektiert umgesetzt und dadurch das Gesamtsystem außer Wert gesetzt wird. Vor allem die Zielgruppe der Radtouristen, die Geld vor Ort lassen soll, wird durch das Fehlen von Elementen und durch Inkonsistenzen nachhaltig verprellt. Eine schlechte Wegweisung verursacht Imageschäden, die nachfolgende Weitergabe persönlicher schlechter Erfahrungen entwertet nicht nur die Arbeit aller Beteiligten, auch Steuergelder sind dann sinnlos ausgegeben worden. Die Reparatur solcher Imageschäden, die Beseitigung von Planungs- und Ausführungsmängeln erfordert wieder weitere Steuermittel. Verantwortlich hierfür sind der Hochtaunuskreis und die hier zuständige Gemeinde Wehrheim.

Fazit

Ob Sie etwas von Fahrradwegweisung verstehen oder nicht – egal. Kommen Sie diese Saison doch mal nach Wehrheim und amüsieren Sie sich. Lassen Sie viel Geld da, schließlich ist man hier echt bemüht. Und wenn Sie den Weg ausnahmsweise mal nicht finden, macht das nichts – vielleicht können Sie ja über das ein oder andere versteckte Schild gar herzlich lachen. Survival-Tipp des ADFC: Sie sollten gutes Kartenmaterial dabei oder entsprechende Ortskenntnisse in der Birne haben, sobald Sie ins Apfeldorf Wehrheim kommen. Fröhliches Radeln jedenfalls wünscht Stefan Pohl vom ADFC Usinger Land.

Stefan Pohl