Skip to content

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main   

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

Artikel dieser Ausgabe
"

Damals wie heute

Torsten Krüger ist Fahrrad- kurier in Frankfurt und war als Kind auf dem Rad "The Flash"
Foto: Peter Sauer

Ich kann mich kaum noch daran erinnern, wie ich Fahrrad fahren gelernt habe. Ich weiß weder, wie mein erstes Rad aussah, noch wer es mir beigebracht hat oder wie oft ich gefallen bin und es verflucht habe. Aber ich weiß noch, warum ich es wollte. Ich kann mich genau erinnern, wie ich in meinem Kindersitz auf dem Gepäckträger meiner Mutter saß und mir vorgestellt habe, ich würde rennen wie ein Zug. Ich hab die Augen zusammengekniffen, die Arme angewinkelt, zeitlupenartig mit den Beinen gestrampelt und im Takt dazu geatmet. Die Landschaft war nicht länger etwas, in dem ich war, sie verschwamm vor meinen Augen und ich bewegte mich durch sie hindurch. Es war wie Warpgeschwindigkeit. Es war egal wo ich hinwollte, ich brauchte nur Energie.

Da mein vorrangiges Ziel der Kiosk und sein Colaweingummi war, war das mit der Energie nie ein Problem. Im Auto ist mir dieser Gedanke nie gelungen. Niemand bewegte sich, ich spürte keinen Wind im Gesicht, es roch unangenehm nach Lufterfrischern und ich hörte weder meinen Atem noch das Knirschen unter mir, nur das Geräusch des Motors, der das tat, was ich tun wollte: mich bewegen.

Aber auf dem Rad war ich "The Flash". Das Rad machte mich, ohne mir etwas zu schenken, zu mehr als ich allein sein konnte. Der Weg war nicht länger etwas, das mich vom Ziel fern hielt, sondern ein Erlebnis, das das Ankommen zu etwas Vollkommenem machte. Ich hab schon immer lieber zur Seite als nach vorne geguckt. Zuzusehen wie die Welt um mich herum von Punkten zu Linien wird und zu spüren, wie ich selbst dafür sorgte, dass die Zeit auf dem Weg zu etwas Wertvollem und meine ganze Welt größer wird. Mit dem Rad bewegte ich mich durch eine Art Hyperraum. Die Zeit verschwand, die Strecke krümmte sich und wenn ich ankam, fühlte ich mich jung. Was sich daran bis heute geändert hat? Nicht das geringste. Nur dass ich mich nach harten Arbeitstagen sicher auch mal ein ganzes Stück älter fühle. Dann fahr ich eben BMX und bin wieder 15. Denkt dran, schützt eure Köpfe, denn dort hat dieses kleine Wunder seinen Ursprung.

Thorsten Krüger