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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel Die Teilnehmenden an der Mitfahr-Aktion der MUT-TOUR beim Stopp in Neu-Isenburg
Dr. Susanne Neumann

Mit der MUT-TOUR unterwegs

Depressionen sind seit meiner Jugend Teil meines Lebens. Damals wurde noch hinter vorgehaltener Hand über Menschen getuschelt, die von dieser Erkrankung betroffen waren. Sie waren "nicht richtig im Kopf", bei ihnen "lief alles quer" und sie wurden in die "Klapse" eingewiesen – wahrlich kein Klima, um offen mit seinen Depressionen umgehen zu können!


Im August waren drei Tandem-Teams der MUT-TOUR von Offenbach über Frankfurt nach Langen unterwegs, um für einen offenen Umgang mit Depressionen zu werben.

In den vergangenen Jahren sind Depressionen verstärkt in den Fokus der Öffentlichkeit gelangt. Aber an der Stigmatisierung und damit verbunden der Angst oder Scham, Familie und Freund:innen sowie Vorgesetzten und Kolleg:innen von der Krankheit zu erzählen, hat sich wenig geändert. Dabei könnten sowohl Betroffene als auch Nicht-Betroffene von einem offenen Umgang mit Depressionen profitieren.

Diese fehlende Offenheit im Umgang mit Depressionen brachte Sebastian Burger 2012 auf die Idee, die MUT-TOUR ins Leben zu rufen. Diese Tour bietet Betroffenen und Nicht-Betroffenen durch Fahrrad- oder Wandertouren die Möglichkeit, gemeinsam Bewegung und Natur zu erleben und dabei für einen offenen Umgang mit Depressionen zu werben. Dabei zeigen die Teilnehmenden an den Touren, dass man Menschen psychische Erkrankungen nicht ansehen kann und rücken so die zweifelhaften Bilder zurecht, die in der Öffentlichkeit vorherrschen. Gleichzeitig werden Betroffene und ihre Angehörigen ermutigt, die Erkrankung anzunehmen und Hilfe zu suchen. Nicht-Betroffene werden motiviert, offen mit betroffenen Angehörigen, Freund:innen und Kolleg:innen umzugehen. Betroffene und Nicht-Betroffene werden in erster Linie an den Aktionstagen der MUT-TOUR angesprochen. Hier stellen sich psychosoziale Organisationen mit Infoständen und Programm vor.

Als Betroffene, die offen mit ihrer Erkrankung umgehen möchte, musste ich nicht lange überlegen, als im Juni die Nachricht eintraf, dass die MUT-TOUR in diesem Sommer wieder durch Deutschland ziehe. Im August käme ein Team von sechs Menschen auf drei Tandems durch Offenbach und Frankfurt. Ob der ADFC Frankfurt nicht Lust und Zeit habe, die Mitfahr-Aktion zu begleiten. Ich war sofort dabei!

Die Tourenleitenden wurden von Thomas Koch gefragt, ob sie die Mitfahr-Aktion begleiten möchten. Über Frankfurt aktuell und eNews wurden weitere interessierte Radfahrende gesucht, die ein Stück mit der MUT-TOUR fahren möchten. Gleichzeitig stimmte ich mit Franziska, die die Aktionstage der MUT-TOUR organisiert, sowie dem Selbsthilfebüro Offenbach alle weiteren Details der Mitfahr-Aktion ab.

Am 19. August 2021 war es schließlich so weit. Gegen 10 Uhr wurde das Tandem-Team der MUT-TOUR, bestehend aus Sebastian, Kim, Mia, Patrick und Julian, und die Teilnehmenden des Selbsthilfebüros Offenbach vom Tourenleiter Bernhard Altert am Rathaus in Offenbach empfangen. Hier galt es zunächst, den anwesenden Journalisten Rede und Antwort zu stehen. Etwa eine Stunde später machte sich die Gruppe auf den Weg nach Frankfurt zur Nordseite des Eisernen Stegs. Hier stand bereits ein Infostand des Frankfurter Bündnisses gegen Depression, der Deutschen Gesellschaft für Bipolare Störungen und des Frankfurter Netzwerks Suizidprävention. Auch die Presse und ein Fernsehteam waren vor Ort, um auf die Ankunft der MUT-TOUR zu warten. Die traf gegen 11:30 Uhr am Eisernen Steg ein. Hier war Zeit für ein erstes kurzes Kennenlernen, ein Gruppenfoto mit allen Anwesenden und natürlich der Absprache, wie es weiter Richtung Langen gehen soll. Bernhard führte uns sicher durch die Stadt in den Ziegelhüttenweg und schließlich in den Stadtwald. Ich fuhr am Schluss mit, achtete darauf, dass Jede und Jeder mitkam – und wehrte allzu forsche Überholversuche von Autofahrenden ab. Eine Gruppe aus mehreren Tandems und Fahrrädern ist schon eine ordentlich lange Kolonne, wenn alle hintereinander fahren. Aber so wird Aufmerksamkeit bei den Passanten erregt und für die Ziele der MUT-TOUR geworben, denn jedes Tandem trug große Plakate mit dem Motto der Tour.

Im Stadtwald ging es dann etwas entspannter zu, man kam miteinander ins Gespräch und konnte sich austauschen. In Neu-Isenburg entstand auf dem Marktplatz ein weiteres Gruppenfoto. Anschließend setzen wir unsere Fahrt nach Buchschlag fort und rollten durch die Villenkolonie weiter in Richtung Langen. Endpunkt war hier der Wilhelm-Leuschner-Platz, wo ein weiterer Journalist auf die MUT-TOUR wartete. In Langen bot sich abschließend die Gelegenheit zu weiteren Gesprächen. Für die drei Tandem-Teams ging es an diesem Tag noch weiter nach Darmstadt und für mich, wie auch die anderen Teilnehmenden zurück nach Frankfurt bzw. nach Offenbach.

Rückblickend kann ich sagen, dass es ein toller Tag war und die Mitfahr-Aktion der MUT-TOUR eine lohnenswerte Sache ist. Die Tandem-Teams der MUT-TOUR wollen zeigen, dass es sowohl Wege aus der Depression als auch mit der Depression gibt und das es sich für alle Menschen lohnt, offen damit umzugehen. Dieses Ziel erreichen sie mit Hilfe ihrer Tandems, an denen die auffälligen Motto-Plakate hängen, so dass sie eine gute Öffentlichkeitsarbeit leisten und mit Passanten ins Gespräch kommen.

Sollte die MUT-TOUR im nächsten Jahr wieder im Rhein-Main-Gebiet unterwegs sein, möchte ich wieder dabei sein und ich würde mir dann wünschen, dass sich weitere Radfahrende der Tour anschließen.

Dr. Susanne Neumann

Mehr Informationen über die MUT-TOUR gibt es hier:

www.mut-tour.de
www.facebook.com/MutTour
www.instagram.com/mut_tour/

Anlaufstellen Hilfe bei Depressionen gibt es beim
Info-Telefon 0800 / 334 453 3.
Sozialpsychiatrischer Dienst Frankfurt, Tel. 069 / 212 333 11
Sozialpsychiatrischer Dienst Kreis Offenbach, Tel. 06074 / 818 063 792