We don't sell bikes
Woher kommen eigentlich die Räder mit dem blauen
Vorderrad?
Vorderrad?
Vielen von euch werden sie schon aufgefallen sein, mir vor fast genau zwei Jahren in Münster in Westfalen – die Räder mit dem blauen Vorderreifen. Dutzende dieser Velos standen in der Universitätsstadt herum, überall fuhren (zumeist) junge Menschen darauf durch die Stadt. Im Chaos der Abstellanlagen rund um die Uni-Institute waren sie deutlich zu erkennen, der blaue Reifen schien als Marketing-Gag seine Wirkung zu entfalten. Ein junger Student nahm sich ein paar Minuten Zeit, um uns Touristen zu erläutern, warum er mit einem dieser "Swapfiets", wie die Räder heißen, unterwegs sei. Das Rad sei geliehen, er zahle monatlich gerade einmal 17 Euro und müsse sich dafür um nichts kümmern. Anders als bei anderen Leihsystemen sei das Rad sein Rad, nur er habe die Schlüssel zu den beiden Schlössern, das Rad stehe ihm rund um die Uhr zur Verfügung. Die Technik sei simpel, seins habe keine Gangschaltung, was im flachen Münsterland auch nicht notwendig sei. Und wenn das Rad mal einen Defekt habe, bringe er es einfach zum Verleiher. Dort werde die Reparatur kostenlos durchgeführt. Dazu komme, dass er sich angesichts der heillos überfüllten Abstellanlagen an der Uni keine Sorge um das Rad machen müsse – es werde als markantes Leihrad wohl nicht geklaut, und wenn doch, erhalte er für eine nur geringe Zuzahlung ein Neues.
Inzwischen ist das Verleihmodell auch in Frankfurt angekommen. Die Räder mit den blauen Reifen sind häufig in der Stadt zu sehen, selbst viele der Essenskuriere mit ihren großen Isolierrucksäcken sind damit unterwegs. Die Technik wird weiterhin einfach gehalten, doch werden auch Modelle mit einer Gangschaltung angeboten, nun sogar eine Pedelec-Version. Die gibt es dann nicht mehr für 17 Euro, trotzdem scheint diese Art des Radverleihs für viele Alltagsfahrer oder eben auch Radkuriere ideal zu ihren Mobilitätsbedürfnissen zu passen.
Was in Münster für einen Studenten gut ist, passt auch in Frankfurt. Ein Nachbar, der seit einiger Zeit mit dem blauen Reifen unterwegs ist, bestätigt im Wesentlichen die Eindrücke aus Westfalen (siehe unten).
"Swapfiets" wurde 2014 in den Niederlanden gegründet. Inzwischen bringt das Unternehmen in rund 70 Städten in neun europäischen Ländern Menschen aufs Rad, denen ein eigenes Velo nicht wichtig ist oder die ein teures Rad ungern in der Stadt abstellen – die aber trotzdem velomobil sein wollen. "We don't sell bikes", wirbt die Webseite (in der englischsprachigen Version) für das Leihsystem. Offensichtlich mit Erfolg.
Peter Sauer