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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

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Hat sich redlich bemüht ...

Das Radverkehrskonzept des Main-Taunus-Kreises – 2017 neu erstellt, 2021 überarbeitet, kaum umgesetzt


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Vom MTK Radverkehrskonzept zur MTK Radpraxis: 4 x 1 x 5 Regel

*




Gabriele Wittendorfer



Was Sinn und Zweck eines Radverkehrskonzepts ist, kann man im jährlich aufgelegten MTK-Jahrbuch nachlesen: Es geht um die Benennung eines Ziel-Zustands von Radwegen, auf denen Radfahrer:innen sicher, direkt und lückenlos Alltagsstrecken bewältigen können.


Das Radverkehrskonzept Main-Taunus ist handwerklich gut


Sowohl planerisch (Netzhierarchie und Maßnahmenbeschreibung) als auch kommunalpolitisch (Einbindung der Kommunen bei der Erstellung, Kontrolle der Umsetzung durch den Kreistag) wurde dieses Konzept auf Basis moderner Methoden und Grundlagen erstellt. Es liegt in der Hand des dafür zuständigen Dezernenten, Johannes Baron, und der Nahmobilitätsbeauftragten, Cornelia Wienen, die sich qua Funktion und persönlich kümmern um das, was prozessual, rechtlich und planerisch nötig ist, um einen Radweg in Hessen zu bauen. Zusammen mit allen für den Radverkehr Zuständigen in den Kommunen – seit diesem Jahr zählen hauptamtliche Nahmobilitätsbeauftragte in Schwalbach und Eschborn dazu – verwalten sie ein bürokratisches Ungetüm:


Egal ob Radweg oder Autobahn, die bürokratischen Grundlagen

sind dieselben



Allein der Blick auf die Zahl der seit 2017 umgesetzten Maßnahmen (je nach Zählart 1-2) oder Kilometer (ca. 3 km) bewirkt, dass die ADFC-Kreisvor­sitzende wenig optimistisch in die Radverkehrszukunft des MTK schaut. Keine einzige der im Radverkehrskonzept beinhalteten vier Maßnahmen aus der Sanierungsoffensive des Landes Hessen wurde bis heute umgesetzt. Insgesamt ist bei 53% der im Radverkehrskonzept definierten Maßnahmen im MTK die Zusammenarbeit mit Hessen Mobil qua Zuständigkeit unabdingbar. Zu allem Unglück fehlt genau für diese Region noch ein dezidierter Ansprechpartner bzw. eine Ansprechpartnerin im Koordinationsteam Radverkehr bei Hessen Mobil.


Hat sich redlich bemüht...


Wir alle wissen, dass es jedem und jeder schon passiert ist, dass eigene Pläne nicht umgesetzt werden konnten oder Ambitionen zu groß waren. Leider findet man in der Konsequenz im überarbeiteten Radverkehrskonzept des MTK nun kaum mehr Zieldaten. Rühmliche Ausnahmen gibt es dennoch:

  • Hattersheim bereitet für 2022 die Querung der Mainzer Landstraße L3265 (HA6) und die Verbreiterung des Schwarzbachuferwegs (HA7) vor;
  • Kriftel will einen Teil der geplanten Rad-Führung parallel zum Schwarzbach zeitnah sanieren (KR1), ebenso eine Zufahrt zur L 3018 und zwei Lückenschlüsse nach Liederbach asphaltieren (KR2+3);
  • Schwalbach will den Lückenschluss im Arboretum zeitnah schließen (SW3);
  • Eschborn will 2022 den Radweg entlang der L3367 (vom Skulpturenpark bis nach Steinbach) bauen (ES1).

Dies sind also die Maßnahmen, bei denen Radfahrer:innen im MTK hoffen können, dass in einem Jahr ein "erledigt" hinter dem jeweiligen Maßnahmenkürzel steht.


Radverkehrskonzept hin oder her – wo hat sich für Radfahrer:innen im vergangenen Jahr "auf der Gass" im MTK etwas verbessert:

  • Bad Soden hat entlang des Bahndamms einen gemeinsamen Geh- und Radweg zwischen Lidl und Aldi gebaut und bei der Gelegenheit das Mittel der Fahrradzone im MTK eingeführt
  • Flörsheim musste leider die Teilung der Jahnstraße wegen einer einzelnen renitenten Anwohnerin zurückbauen, hat dafür aber die Fahrradstraße verlängert und die unsägliche Spitzkehre vom Main auf den Dammradweg nach Eddersheim zurückgebaut
  • Hattersheim hat in Eddersheim eine Fahrradstraße ausgewiesen
  • Wiesbaden hat seinen Teil der Historischen Elisabethenstraße asphaltiert, wovon vor allem Hofheimer Radfahrer:innen profitieren
  • Hofheim selbst hat zwei Doppelstockparker im Stadtzentrum installiert
  • Eschborn hat eine Fahrrad-Servicestation installiert, zusätzliche Fahrradboxen an den Bahnhöfen aufgebaut und Gefahrenstellen durch rote Markierungen entschärft
  • Schwalbach hat auch zusätzliche Fahrradboxen am Bahnhof aufgestellt und eine Verbindung zwischen Am Sulzbacher Pfad und dem Wirtschaftsweg zwischen Schwalbach und Sulzbach geschaffen
  • Kriftel hat einige Bordsteine absenken lassen
  • Kelkheim hat entlang der Fischbacher Straße Transparente aufgehängt, die auf den Mindestabstand von 1,50 Meter zum Radfahrenden aufmerksam machen

Dieser Beitrag endet nicht mit einer Prognose darüber, wie lange es noch dauern wird, bis ein Pfleger aus Kelkheim-Fischbach per pedale sicher, direkt und durchgängig zu seinem Arbeitsplatz im Krankenhaus Hofheim kommt oder eine Informatikerin aus Weilbach entsprechend zu ihrem Arbeitsplatz in Eschborn Süd. Aber genau das ist es, was diesem Radverkehrskonzept fehlt: Die Überzeugung, dass unserem Landkreis attraktive Radwege zur Schule, zur Arbeit, zum Sport oder zum Einkaufen guttäten. Das wird sich erst ändern, wenn sich nicht nur immer mehr Bürger:innen, sondern auch mehr Bürgermeister:innen, Dezernent:innen oder der Landrat, Lokalpolitiker:innen oder Verwaltungsangestellte zunehmend zu Fuß, mit dem Rad, mit Bus oder S-Bahn im MTK fortbewegen. Dann spüren sie, was geht in einem der kleinsten und reichsten Landkreise dieser Republik.


Eine echte Verkehrswende braucht Konzepte, aber vor allem Vorbilder.

Gabriele Wittendorfer

* Auflösung: 4 Wochen Alltagsradfahren, 1 kg Erde abklopfen und dann Komplettbad von Rad, Schuhen und Taschen