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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel Die Schwimmnudelaktion des ADFC Bad Homburg in der Schleußnerstraße zeigt: Mindestens 2,30 m sollte ein Radstreifen breit sein
Nadja Vomhof

Vorbild Radentscheide

Bad Homburg soll fahrradfreundlicher werden

Bad Homburg hat beim ADFC-Fahrradklima-Test 2018 den letzten Platz aller Städte in Hessen belegt. In einer Art Vorahnung hatten die städtischen Gremien noch Ende 2018 ein Radverkehrskonzept verabschiedet, was allerdings überwiegend Markierungen und Schutzstreifen enthält. Das eingeschaltete Planungsbüro hatte seinen Auftrag so beschrieben: "Maßgabe bei der Planung der Maßnahmen im Rahmen dieses Konzeptes seitens des Auftraggebers ist es, den Verlust von Pkw-Verkehrsflächen (Stellplätze und Fahrbahnen) nach Möglichkeit zu vermeiden".

Das "Konzept" hat damit nach unserer Überzeugung seinen Namen nicht verdient. Also hat sich der ADFC-Arbeitskreis Radverkehr selbst an die Arbeit gemacht und sich überlegt, wie ein fahrradfreundliches Bad Homburg aussehen könnte. Als wir gerade dabei waren, unsere Ideen zusammen zu tragen, wurden wir von der Stadt Bad Homburg zur Vorstellung ihrer Verkehrsplanung "Rund um das Vickers-Areal", der Bebauung eines seit Jahren brach liegenden Gebiets, eingeladen. Was wir dort sahen, war zwar besser als die bisherigen, nur auf das Auto fixierten Planungen, hat aber unseren Vorstellungen bei weitem nicht entsprochen. Also haben wir der Stadt eine umfassende Stellungnahme mit einer langen Reihe von Verbesserungsmöglichkeiten übersandt und diese auch in einer nachfolgenden Bürgerinformation kurz vorgestellt. Auswirkungen auf die Verkehrsplanung? Keine! Weitere vertane Chance. Schade!

Mitte September hat der ADFC Bad Homburg/Friedrichsdorf nun dem Oberbürgermeister der Stadt Bad Homburg sowie allen Stadtverordneten und Ortsbeiräten seine Forderungen für eine fahrradfreundliche Stadt übermittelt. Rückenwind haben wir durch zahlreichen Zuspruch aus der Bevölkerung, die seit April stattfindende Critical Mass, die bei der Auftaktfahrt über 150 Teilnehmer hatte, und auch das Stadtentwicklungskonzept "Forum Bad Homburg 2030", bei dem Radfahren das Topthema war und von den BürgerInnen der starke Wunsch nach einer deutlich verbesserten Radverkehrsinfrastruktur geäußert wurde.

Vielen werden unsere Forderungen bekannt vorkommen, denn wir haben uns bei unserer Arbeit sehr stark an dem orientiert, was die Städte Darmstadt und Frankfurt mit den InitiatorInnen der Radentscheide vereinbart haben und dies auf Bad Homburger Verhältnisse heruntergebrochen.

Sichere Radinfrastruktur für alle Altersklassen

Wir wollen eine deutlich sicherere Radinfrastruktur für alle Altersklassen, insbesondere aber für Schulkinder und SeniorInnen schaffen und damit den Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen signifikant steigern. Wir belegen das damit, dass bei guter Radverkehrsinfrastruktur ca. 60 % der derzeit Autofahrenden bereit sind, auf das Fahrrad umzusteigen, zumal 25 % der mit dem Auto zurückgelegten Entfernungen unter zwei Kilometern und 50 % unter fünf Kilometern liegen.

Vom Autoverkehr getrennte Radverkehrsanlagen mit einer Breite von mindestens 2,30m

Priorität hat für uns, dass möglichst vom motorisierten Verkehr getrennte innerstädtische Fahrradtrassen eingerichtet werden, die sich an den Routen der Schülerinnen und Schüler und den Fahrrad-Pendlerströmen orientieren. Diese Trassen sollen die Schulen mit den Wohngebieten verbinden und sicheres Radfahren zwischen den Stadtteilen, vom Bahnhof in die Innenstadt und in die Stadtteile ermöglichen.

Die Stadt Bad Homburg wird aufgefordert, an Hauptverkehrsstraßen pro Kalenderjahr mindestens zweiKilometer neue Radverkehrsanlagen mit einer Mindestbreite von 2,30m zu schaffen bzw. alte umzubauen. Sie dürften nicht unterbrochen werden und sollten durch bauliche Maßnahmen von anderen Verkehrsarten getrennt sein. Weiterhin sollen pro Kalenderjahr mindestens zweiKilometer geeignete Nebenstraßen für den Radverkehr attraktiv umgestalten werden. Dies soll bevorzugt vor Kitas und Schulen, in Wohngebieten und Bereichen mit hoher Verkehrsdichte geschehen.

Wir machen auch konkrete Vorschläge, welche Straßen und Quartiere zuerst umgestaltet werden sollten. Dabei orientieren wir uns an der Relevanz für den Schülerverkehr und für PendlerInnen. Vorrang hat die Verkehrsplanung "Rund um das Vickers-Areal" mit dem Zugang zur Humboldtschule, der Verbindung zum Bahnhof und von der Innenstadt in das Gewerbegebiet. Aber auch die Umgestaltung von Urseler Straße, Hessenring und Hindenburgring sind wichtige Trassen für SchülerInnen und PendlerInnen.

Umbau von Kreuzungen und bessere Ampelschaltungen

Die meisten Unfälle mit Radfahrern passieren beim Abbiegen, hier gibt es auch die schwersten Verletzungen. Daher soll die Stadt Bad Homburg mindestens eine Kreuzung pro Kalenderjahr fußgänger- und fahrradsicher umbauen. Dabei sollen auch Kreuzungsvarianten nach Kopenhagener und niederländischem Vorbild in die engere Planung einbezogen werden. Vorrangig wird der Umbau der Kreuzungen Urseler Straße – Jacobistraße – Feldbergstraße, Urseler Straße – Hindenburgring – Hessenring und Hindenburgring – Dietigheimer Straße – Ritter-von-Marx-Brücke – Saalburgstraße vorgeschlagen.

Um die Attraktivität des Radverkehrs zu erhöhen, schlagen wir zusätzlich vor, die Ampelschaltungen zu verbessern sowie grüne Wellen und Vorrangschaltungen für Radfahrer einzuführen. Das verkürzt die Wartezeiten und führt dazu, dass mehr Radfahrer an roten Ampeln tatsächlich anhalten und nicht über Gehwege ausweichen.

Drei Millionen Euro für die nächsten zwei Jahre und fünf neue Stellen

Der Stadt und den Kommunalpolitikern haben wir ganz konkrete Vorschläge gemacht, wie unsere Forderungen im anstehenden Doppelhaushalt 2020/21 berücksichtigt werden sollten: 3 Millionen Euro für Planung und Bau der Maßnahmen für die nächsten beiden Jahre und fünf neue Stellen in der Stadtverwaltung.

Vieles wird deutlicher, wenn man es sieht. Daher haben wir gleich noch eine Aktion im Rahmen der ADFC-Kampagne #MehrPlatzfürsRad nachgeschoben. Mit Schwimmnudeln auf dem Gepäckträger sind wir Straßen "Rund um das Vickers-Areal" abgefahren. Es war beeindruckend, welchen Platz wir plötzlich hatten und wie sicher wir uns fühlten – kein enges Überholen mehr. Damit wurde auch deutlich, dass die herkömmlichen Radstreifen viel zu schmal sind, was uns wiederum in der Richtigkeit unserer Forderungen bestärkt hat.

Die Veröffentlichung unserer Vorstellungen hat bisher eine lebhafte Diskussion in der Lokalpresse und zwischen den Kommunalpolitikern ausgelöst. Sie werden überwiegend gelobt, von den die Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung stellenden Parteien allerdings als zum falschen Zeitpunkt gestellt bezeichnet. Kann es einen falschen Zeitpunkt für gute Radverkehrsinfrastruktur geben? Natürlich wissen auch wir, dass sich die Forderungen nicht an jedem Ort vollständig umsetzen lassen werden Aber sie müssen in den Planungsvorgaben berücksichtigt werden. Dann wird man sehen, was möglich ist. Derzeit laufen die Haushaltsberatungen, wir sind gespannt, ob sich Bad Homburg auf den Weg zu einer fahrradfreundlichen Stadt macht.

Die Stellungnahme zur Verkehrsplanung "Rund um das Vickers-Areal", unsere Forderungen für ein fahrradfreundliches Bad Homburg und alle Pressemitteilungen können auf unserer Internetseite unter www.adfc-bad-homburg.de abgerufen werden.

Ralf Gandenberger