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Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt am Main

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Artikel dieser Ausgabe

Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club Frankfurt

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Bild zum Artikel Bilderrätsel: Nur schwer zu entschlüsseln, aber mit ausreichend Ortskenntnis wird man sich zurechtfinden
Peter Sauer

Hinkelsteinschneise wegen Bauarbeiten gesperrt

Über die Schwierigkeit, im Stadtwald den Weg zum Flughafen zu finden

Traurig flattert eine Klarsichtfolie an einem Schildermast. "Durchfahrt verboten" signalisiert das Verkehrszeichen am Mast, und in der Klarsichtfolie im üblichen DIN A4-Format steckt offensichtlich die dazu passende Umleitungsempfehlung (Abb. 1). Der Radfahrer, der an der Unterschweinstiege, direkt am großen Airport-Hotel, in Richtung Goldstein fahren will, stoppt, zückt die Lesebrille und staunt. Das Papier in der Folie ist nass geworden, Stockflecken machen sich breit, viele der Linien und Striche sind mehr zu erahnen als zu erkennen, Markierungen mit Leuchtfarbe verwirren den erstaunten Radfahrer. Zum Glück hat man daran gedacht, das Bilderrätsel mit ein wenig Text zu ergänzen. So erfährt der Leser mehr über die Wegeführung während der Bauzeit, ob südlich oder nördlich der Bahnstrecke 3520. Aha, denkt der Mann, dem die Nummernfolge von Bahnstrecken nicht geläufig ist, und versucht mit frischem Mut (Lesen bildet!) erneut, sich in dem Gewirr von Linien zurechtzufinden. Prompt entdeckt er auch die gerade gelesenen Begriffe wieder, ein "Unterschweinstiegschneise" genauso wie "Hinkelsteinschneise" und "Eichengrundschneise", in einer Schriftgröße, die man sonst nur von der Zutatenliste auf Lebensmittelverpackungen kennt.

Unterdessen sausen unablässig Radfahrende, die sich nicht von dem Durchfahrtsverbot beeindrucken lassen, an dem Leser vorbei. Der aber ist nicht nur gesetzestreu, er befürchtet auch, auf verschlammten Irrwegen zu landen und folgt einer anderen Beschilderung in Richtung Stadt (Abb. 2).

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links: Abb. 1 Unterschweinstiegschneise gesperrt, Umleitungsempfehlung kaum lesbar
mitte: Abb. 2 Innenstadt? Frankfurt? Finde den Unterschied!
rechts: Abb. 3 Wer kommt da dran, wer hat das aufgehängt? Umleitung über alte Flughafenstraße
Peter Sauer

Dank Ortskenntnis (der Radfahrer hat in seiner Jugend am großen Airport-Hotel gearbeitet) findet der Mann die Brücke über die Autobahn und die (komfortabel ausgeführte) Route um das Tunnelportal der neuen S-Bahnstrecke herum, bevor er auf eine weitere Umleitungsempfehlung trifft. Auch hier ein Plan im handlichen A4-Format, hier aber zieht sich nur ein einzelner roter Strich quer über das Papier. Die Bedeutung dieses Striches kann der Radfahrer jedoch nicht erahnen – das Hinweisschild hängt für ihn schlicht zu hoch (Abb. 3). Also folgt der Mann der Umleitung und fährt auf der alten Flughafenstraße in Richtung Stadion. Unterwegs trifft er auf eine weitere Empfehlung, diesmal in auch für ihn erreichbarer Höhe angebracht. Darauf ist unter anderem zu lesen, dass die Hinkelsteinschneise wegen Bauarbeiten gesperrt ist (Abb. 4). Moment mal, denkt der Mann, war nicht auf dem anderen Zettel am Airport-Hotel die Hinkelsteinschneise als Teil der Umleitung erwähnt? Kann man also dort entlang fahren oder kann man das nicht? Wo soll man fahren, wenn man zum Flughafen oder von dort in die Stadt will? Das zu erforschen, nimmt sich der Mann für die nächsten Tage vor.

Mit dem Rad zum Flughafen

Unterdessen ist dem E-Mail-Postfach zu entnehmen, dass ADFC-Bundesverband, ADFC Berlin und ADFC Brandenburg fordern, den neuen Berliner Flughafen an das Radwegenetz anzuschließen. Dies sei, wird hervorgehoben, unter anderem in Frankfurt längst der Fall, das dortige Luftverkehrskreuz sei bestens per Fahrrad zu erreichen, der Betreiber Fraport AG gar sei als "Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" vom ADFC zertifiziert. Alles bestens also – wäre da nicht die Deutsche Bahn.

Der Flughafen ist nicht nur an das Radnetz angeschlossen, sondern auch durch die S-Bahn mit der Stadt verbunden. Nach Inbetriebnahme der neuen Bahnverbindung über "Gateway Gardens" zum Regionalbahnhof von "FRA" wird die alte S-Bahn-Trasse nicht mehr benötigt. Die Deutsche Bahn baut diese zurück, entfernt die Gleise und forstet auf der ehemaligen Bahnstrecke fleißig auf. Dass dies mit Unannehmlichkeiten für Menschen, die den Flughafen per Rad erreichen wollen, verbunden sein könnte, ist der Bahn klar. Auf ihrer Website informiert sie mit einer Grafik über Umleitungen (Abb. 5), die Radfahrende während der Bauzeit in Kauf nehmen müssen. Und damit fängt das Problem, vor dem der oben beschriebene Radfahrer steht, schon an.

Bild zum Artikel Abb. 4 Der Neubau der Flughafen-S-Bahn erfordert eine geänderte Wegeführung. Also wird schnell mal eine Umleitung gebastelt.
Peter Sauer


Bild zum Artikel Abb. 5 Umleitungsempfehlung der Deutschen Bahn: Wo bitte geht's nach Goldstein oder zum Mainradweg?
Quelle: www.s-bahn-gatewaygardens.de


Bild zum Artikel Abb. 6 Mainziel.de kennt die Unterschweinstiegschneise als Radverbindung (blaue Linie), allerdings in einer veralteten Version
Quelle: Mainziel.de

Auf der Grafik der Website zeigen rote Linien die Umleitungsempfehlung. Die von vielen genutzte direkte Verbindung von Goldstein (oder vom Mainuferweg) zum Flughafen taucht dort gar nicht erst auf. Vor Ort, im Wald, finden sich dann die nahezu unleserlichen, vom Regen verwaschenen und vom Wind verknitterten Hinweise, an vielen Stellen leider statt einer vernünftigen Umleitungsbeschilderung. Da liegt es nahe, sich auf der Plattform "Mainziel.de" über den aktuellen Stand der Radverkehrsführung zu informieren. Doch dort wird eine überholte Version der Verbindung gezeigt – die längst abgerissene Brücke der ehemaligen S-Bahn-Trasse, die als Zickzack-Führung des Radwegs südlich der "Bahnstrecke 3520" zu erkennen ist, ist dort noch zu sehen (Abb. 6). Die weitere Linienführung mit der weiträumigen Umfahrung der Unterschweinstiege findet sich dann im Wald als nahezu unbefahrbar und von Baufahrzeugen malträtiert vor. Radfahrende ignorieren diese Empfehlung und bleiben auf dem direkten Weg zum Airport-Hotel.

Nun mag man einwenden, dass auch "Mainziel.de" nicht immer über jede Baustelle informiert sein kann. Allerdings stellt der enttäuschte Radler fest, dass dies für den Autoverkehr durchaus möglich ist – die Bauarbeiten für den Radstreifen in der Hochstraße waren auf der Plattform ganz aktuell mit einem Warnhinweis aufgeführt.

Vier Wochen nach der Information an die Meldeplattform Radverkehr war im Wald keine Veränderung zu erkennen. Laut Radfahrbüro wurde die Meldung an die zuständige Stelle weitergeleitet, eine Rückmeldung von dort aber unterblieb. Der Radfahrer jedoch traut sich nun, die "Durchfahrt verboten"-Beschilderung zu ignorieren und stellt fest, dass im Wald längst wieder freie Fahrt möglich ist. Geradeaus führt die Unterschweinstiegschneise vom Goldsteiner Friedhof direkt zum Airport-Hotel. Mit Einschränkungen wegen querender Baufahrzeuge mag zu rechnen sein, auch mit verdreckten Abschnitten, aber eigentlich ist der Weg befahrbar (und wird deshalb auch häufig genutzt). Rückfragen dazu beim Projektbüro der Deutschen Bahn wurden leider nicht beantwortet.

Mit Mainziel in die Irre

Bleiben noch die Angaben zur Hinkelsteinschneise, die den Radfahrer verwirrten. Ja, die Schneise ist wirklich gesperrt, hier mit einem "Durchgang für Fußgänger verboten"-Schild. Wer das jedoch übersieht, fährt auf der asphaltierten leeren Straße in Richtung Flughafen. Das findet auch "Mainziel.de" gut und schickt den Radverkehr prompt über die verbotene Strecke.

Es bleibt noch viel zu tun, bis auch an Baustellen der Radverkehr gebührend berücksichtigt wird. Gerade bei einem Großvorhaben wie dem Rückbau der Bahntrasse sollte es aber möglich sein, eine feste, leicht nachvollziehbare (und vor allem lesbare) Umleitung einzurichten, die sich auch auf den Informationsplattformen wiederfindet. Davon sind wir noch weit entfernt, die Einrichtung von Umleitungen ist weiterhin geprägt von Schlampigkeit und Ignoranz, die sich offensichtlich jeglicher Kontrolle entzieht. Und das auf einer Route, die für viele Radfahrende der Weg zu "FRA" ist, dem weitaus größten Arbeitgeber der Region. Da wollen wir den ADFC-Verbänden Berlin und Brandenburg mit ihrer Forderung nach einer Anbindung von "BER" an das Radroutennetz mehr Erfolg wünschen.

Peter Sauer